ZIA: 600.000 Wohnungen werden 2024 fehlen

Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen an Bauministerin übergeben

Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses. Foto: ZIA

Das Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen wurde am 20. Februar von Dr. Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), vorgestellt und an Bundesbauministerin Klara Geywitz übergeben. Das Kompendium belege unsichere Aussichten für Teile der Branche und finstere Perspektiven für alle, die in Deutschland Wohnraum schaffen wollen oder verzweifelt eine Wohnung suchen, so der ZIA. „Die Analyse der Experten ist nicht nur ein Wake-up call, sondern in einigen Punkten ein regelrechter Sirenen-Alarm“, kommentiert Dr. Mattner die Ergebnisse. „Eine Schwarze Null bei Wohnungsneuentwicklungen würde man erst bei einer Durchschnittsmiete von 21 Euro erzielen, das ist nicht möglich. Wer also baut, geht bankrott.“

Prof. Dr. Dr. h.c. Lars P. Feld beschreibt im Gutachten das Grundproblem so: „Aufgrund erhöhter Baukosten und Finanzierungsschwierigkeiten, ausgelöst durch das höhere Zinsniveau, sind viele Bauvorhaben nicht mehr rentabel und werden zurückgezogen.” Seine Einschätzung: Die Stornierungswelle könne sich „weiter fortsetzen, da die Rahmenbedingungen für Bauinvestitionen vorerst ungünstig bleiben dürften”.

Das Frühjahrsgutachten belegt, dass trotz geopolitischer Risiken und wirtschaftspolitischer Unsicherheit eine gesamtwirtschaftliche Aufhellung möglich sei und die Immobilienwirtschaft daran teilhaben könne. „Das muss unbedingt gelingen. Denn die Branche legt buchstäblich Fundamente für ökonomische Stärke und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und der braucht zwingend Stabilität“, sagt Mattner. „Im Jahr 2024 mehr denn je.“ Nach ZIA-Berechnungen werden in diesem Jahr 600.000 Wohnungen fehlen, in 2027 dann sogar 830.000.

„Krise tiefer als die Zahlen zeigen“

Für den Bereich der Wohnimmobilien stellt Prof. Harald Simons von empirica fest: „Das Wachstum der Wohnungsnachfrage hat sich mit Ende der Flucht-Zuwanderung aus der Ukraine stark abgeschwächt. Dennoch befindet sich Wohnungsneubau in einer tiefen Krise, wobei die Krise tiefer ist, als die Zahlen zu Baufertigstellungen und Baugenehmigungen bislang zeigen“, so Simons. Mit dem Anstieg der Zinsen im zweiten Quartal 2022 seien fast schlagartig alle Wohnungsbauprojekte unwirtschaftlich geworden. Die Folge: praktisch ein Stopp des Wohnungsbaus, dessen Dramatik sich aktuell nur ansatzweise in den amtlichen Daten zum Wohnungsbau widerspiegelt. Simons: „Die heutigen Parameter von Baukosten, Baulandpreisen, Mieten und Zinsen passen nicht zueinander.“

Bei den aktuellen Zinsen bedeute dies, „dass entweder die Mieten steigen oder die Bau- und Bodenkosten sinken müssen“. Auch eine Subventionierung des Wohnungsbaus könne zur Senkung der Kostenmiete beitragen. Weitere Chance, die Lage zu verbessern: „Mit seriellem und modularem Bauen dürften merkliche Einsparungen möglich sein“, analysiert Simons. Die Baugenehmigungen seien 2023 das zweite Jahr in Folge auf vermutlich knapp 270.000 Wohnungen gefallen. Im Vergleich zum Jahr 2021, dem Höhepunkt des vorigen Bauzyklus, entspricht dies einem Rückgang von 30 Prozent. Das Neugeschäftsvolumen für Wohnungsbaukredite hat sich sogar halbiert. In diesem Jahr ist aus Sicht des empirica-Experten mit einem weiteren Rückgang der Genehmigungen zu rechnen.

Prof. Feld resümiert im Gutachten, besonders bei der energetischen Sanierung können Förderprogramme „zusätzliche Investitionsanreize setzen und dem Rückgang der Investitionstätigkeit entgegensteuern”. Beherztere Schritte seien erforderlich, um einen stärkeren Anreiz für Investitionen durch geringere Regulierungskosten zu schaffen. Feld: „Es ist die schiere Vielheit von regulatorischen Einzelmaßnahmen, die den deutschen Gulliver lähmt.”

Mehr Informationen und Download des Frühjahrsgutachtens in einer kurzen und einer ausführlichen Auswertung hier.