Masterplan „Schlaatz 2030“

Die Siegerentwürfe

Im September 2021 wurde der Wettbewerb für den Masterplan „Schlaatz 2030“ ausgelobt. Teams aus Stadtplanungs- Landschaftsarchitektur- und Architekturbüros konnten ihre Entwürfe einreichen. Sie hatten bis November 2021 die Aufgabe, Antworten zur Gestaltung des Städtebaus und Freiraums zu finden, um den Schlaatz zu einem noch lebenswerteren und gut durchmischten Stadtquartier mit einem vielfältigen Wohnungsangebot zu entwickeln. Insgesamt neun Büros beteiligten sich am Wettbewerb. Alle Entwürfe und ausführlichere Informationen finden Sie hier auf der Homepage von „Wir machen Schlaatz 2030“.

Am 11. Januar tagte das Preisgericht und wählte die drei besten Entwürfe aus.

Die drei von der Jury ausgewählten Entwürfe sind:

bauchplan ).( Stadtplanung und Landschaftsarchitekten | München: Hand in Hand für den Schlaatz – ein blau-grünes Rückgrat

Bild: Bauchplan

Die entwurfsleitende Idee

Im Zentrum des Entwurfs steht der Rhythmus des Grünraumes der umliegenden Naturräume. Dieser wird aufgegriffen und entlang der ehemaligen langen Linie und des Panoramaweges durch das Quartier gezogen. So bildet der Schlaatz einen grünen Schulterschluss mit den angrenzenden Nachbarschaften. Die natürliche Hauptachse wird von zwei urbanen Achsen umarmt, welche sich in den Gassen treffen und sich sinnbildlich die Hand geben. Städtebaulich werden die Bestandsgebäude zur Förderung der Klimaresilienz ergänzt.

Diese können mittels einer Bürgerinnenbeteiligung von den Bewohnerinnen aus einem Maßnahmenkatalog ausgewählt werden. Gleichzeitig wird dadurch der Bezug zum Quartier am Schlaatz gestärkt und quartiersbezogene Nachbarschaften gestärkt.

Zum Neubau zählen platzbildende Punkthäuser und Zeilenbauten welche die innere urbane Achse unterstützen. Darüberhinaus orientiert sich der Entwurf an einem zukunftsweisenden Mobilitätskonzept.

Der ruhende motorisierte Verkehr wird weitestgehend aus dem Gebiet, in Mobilityhubs verlagert, um so den Rad- und Fußverkehr genügend Platz zu schaffen. Jener frei gewordene Platz kommt auch der Aufenthaltsqualität des Freiraumes zu gute. Neben einer Entsiegelung, sind auch Baumneupflanzungen und urbanes Gärtnern Teil des Entwurfs. Die Maßnahmen bieten ein naturnahes Wohnen inmitten der Stadt und mehr Raum für Flora und Fauna.

Beurteilung durch das Preisgericht:

Die Arbeit überzeugt durch die Schaffung eines blau-grünen Rückgrates, indem die Lange Linie als ein wassergeprägter Grünraum ausgebildet wird. Gekonnt knüpft der Entwurf dieser Grünen Achse an den Landschaftsraum der Nuthe zweiseitig an und interpretiert geschickt die vormalige Landschaftstypologie des Moores.

So gelingt den Verfasser:innen einerseits eine identitätsstiftende, neue Wahrnehmung und Raumqualität für den Schlaatz und andererseits die Schaffung einer ökologischen grün-blauen Infrastruktur, welche die notwendige Resilienz des Siedlungsraumes im Hinblick auf Klimaanpassung und Biodiversität stärkt. Eine neue Marke Schlaatz.

Kontrovers diskutiert wurde aber die amorphe Wegeführung, die eine direkte Verknüpfung negiert. Auch fehlt eine ausdifferenzierte Berücksichtigung der unterschiedlichen Erschließungssituationen entlang der Langen Linie. Darüber hinaus erscheinen die, aus der Schaffung dieses Grünen Rückgrates resultierenden, notwendigen befestigten Erschließungsflächen an der Nahtstelle zum Übergang des Nuthe-Landschaftsraumes als sehr qualitätsreduzierend. Wünschenswert wären auch weitere differenziertere Nutzungsangebote innerhalb dieses neuen Grünen Bandes.

Bild: Bauchplan

Neben diesem klaren grünen Winkel erscheinen die anderen öffentlichen Räume, wie z.B. der Marktplatz, eher diffus und die heterogenen und unruhigen Baumsetzungen wenig zielführend. Weiterhin lässt der Entwurf eine klare und direkte Vernetzung von wichtigen Punkten, wie z.B. Tram zu Sportpark, vermissen. Auch ist die Setzung eines Mobility Hubs auf dem Magnus-Zeller-Platz noch kein befriedigender Ansatz für diesen wichtigen Quartierseingang.

Die Reduzierung der neuen Baukörper in erster Linie auf funktionale Nutzungsstrukturen und die reduzierte Schaffung Neuen Wohnraums wird nicht akzeptiert, auch wenn diese Haltung entwurfskongruent ist.

Bild: Bauchplan

Das vorgeschlagene Mobilitätskonzept wird gewürdigt im Hinblick auf Minimierung des Durchgangverkehrs, seine Funktionalität wird aber kontrovers diskutiert. Die Aktivierung der Innenhöfe zu gemeinschaftlichen Außenräumen wird begrüßt und die aufgezeigte exemplarische Ausformulierung kann überzeugen.
Dies trifft für die vertieft dargestellten Platz-und Freiräume nur bedingt zu, sie wirken in Teilbereichen noch zu unruhig.

Die Arbeit bietet mit ihrem aus der Landschaft entwickelten Raumansatz eine gute Grundlage für die Zukunft des Schlaatz, muss aber in den Aspekten einer klareren Erschließungsstruktur, Orientierung und insbesondere in der verträglichen Schaffung von ergänzendem Wohnraum noch neue Antworten liefern.

Überarbeitungshinweise durch die Jury:

  • Die Erschließungsfunktion der „Langen Linien“ (Zugänglichkeit der Häuser, durchgängige Radwegeverbindung) ist zu überprüfen.
  • Die Unterschiedlichkeit der Erschließung der Häuser über den Innenhof und über die Lange Linie ist im Freiraumkonzept differenziert zu behandeln.
  • Schlaatzer Markt und Magnus-Zeller-Platz sind vertieft auszuarbeiten.
  • Das Angebot an (barrierefreiem) Wohnraum sollte erweitert werden (Mindestmaß Richtwert der Auslobung ca. 570 neue WE). Hierfür könnten u.a. die Schließung offener Eckgebäude oder Erweiterungen des Wohnungsbestands an den Quartierseingängen genutzt werden.
  • Zusätzlichen Verkehrsbelastungen in benachbarten Gebieten ist entgegenzuwirken.
  • Das vorliegende Konzept zur Nuthe-Renaturierung ist konzeptionell zu integrieren.

AG.Urban und huterreimann landschaftsarchitektur | Berlin: Back to the Schlaatz – Citizen Journey

Bild: AG Urban

Die entwurfsleitende Idee

Das Konzept bricht mit Funktionstrennungen und setzt auf Kreisläufe sowie die Gemeinschaft. Die Verdichtungen und Bündelungen ergeben sich aus gesamtstädtischen Bedeutungen und Bedarfen.
Der Schlaatz wird produktives und innovatives Subzentrum, nimmt dabei neue und alte Bewohnende mit. Der Schlaatz wird Circular City und zeigt wie durch lokale Produktion und lokal geschlossene Kreisläufe Wirtschaft, Ökologie & Soziales im Einklang ist.

Beurteilung durch das Preisgericht:

Bild: AG Urban

Das Projekt schießt in einigen Belangen über das Ziel hinaus, insbesondere die Überplanung der westlich benachbarten Kleingartenanlage widerspricht der Auslobung. Die Kleingärten stehen nicht zur Disposition. Andererseits sind Enthusiasmus und Energie im Verfahren gefragt, um den Schlaatz beispielhaft ins 21. Jahrhundert zu bringen. Das Projekt setzt auf das Thema der produktiven Stadt. Das ist ein interessanter zeitgemäßer Ansatz und er könnte in dem anschließenden Verfahren auf den Prüfstand gestellt werden.Der Entwurf strebt ein attraktives, nutzungsgemischtes Quartier mit maßvoller urbaner Produktion und alternativer Mobilität an, entwickelt den Bestand intensiv weiter und setzt auf starke Nachverdichtung im Schlaatz. Durch „…Ersetzen, Ergänzen, Andocken, Aufstocken…“ wird der bestehende Städtebau in Richtung geschlossener Blockbebauung getrieben und die Notwendigkeit an zusätzlichen Wohnungen beantwortet. Die Blöcke bleiben aber teilweise offen, insbesondere wird die heutige Qualität ihrer Weite gewahrt. Der Anteil an „Ersetzen“, der Abbruch voraussetzt, scheint jedoch zu hoch zu sein, er steht im Widerspruch mit dem Anliegen einer nachhaltigen Entwicklung und ist daher zu minimieren.

Das Projekt weist die im Vergleich größte BGF aus (auch ohne die Überschreitungen des Wettbewerbsgebiets), die aber bei Reduktion des Ersatzes von Bestand überprüft werden müsste. Eine Reduktion der Nutzflächen auf das in der Ausschreibung angepeilte Maß wird von der Jury als dem Konzept zuträglich erachtet und soll in den nächsten Phasen sichtbar gemacht werden.

Bild: AG Urban

Auch die Freiräume werden unter dem Grundthema der „produktiven Stadt“ behandelt. Urbane Agrikultur soll viele Flächen einbeziehen, ohne diese monofunktional anderen Nutzungen zu entziehen. In den Höfen sollen statt der Stellplätze auch dafür Gärten angelegt werden. Auch dies erfordert ein alternatives Verkehrskonzept, das die Verfasser in ihrem integrativen Ansatz vorschlagen. Die Grundstruktur des Schlaatz eines von Landschaft durchdrungenen Quartiers wird beibehalten und weiterentwickelt.

Das Preisgericht sieht in diesem multicodierten Entwurf eine Chance, soziale Impulse über den reinen Wohnungsbau hinaus in die Entwicklung des Schlaatz zu bringen.

Überarbeitungshinweise durch das Preisgericht:

  • Die Überplanung der Schrebergarten-Anlage Horstweg ist nicht weiterzuverfolgen.
  • Das Konzept des Umbaus einer Wohnsiedlung zur produktiven Stadt bei Wegfall des Neubauareals in den Bestandsstrukturen ist zu überprüfen/verifizieren (alle Dimensionen betreffend: Gebäudestruktur, Erschließung).
  • Der Umfang der Eingriffe in den Bestand (Abriss-Neubau) ist deutlich herauszuarbeiten und kritisch zu überprüfen.
  • Konzept zur sozialen Infrastruktur ist zu überprüfen (Größe, Lage/Zuordnung).
  • Das vorliegende Konzept zur Nuthe-Renaturierung ist konzeptionell zu integrieren.
  • Es ist eine bessere Einbindung der Käthe-Kollwitz-Siedlung in den Schlaatz zu entwickeln.

Octagon Architekturkollektiv (Leipzig) mit GM013 Landschaftsarchitektur (Berlin): BLAU GRÜNES NETZ VERZAHNUNG VON STADT UND LANDSCHAFT

Bild: Octagon Architekturkollektiv

Die entwurfsleitende Idee

Das vorgeschlagene Entwurfskonzept basiert auf einer konsequenten Neuordnung der Verkehrsflächen. Straßen und Parkplätze werden neu organsiert und grossflächig umgewidmet, stattdessen wird ein blaugrünes Netz durch das Quartier gezogen, welches neue Begegnungsräume für die Bewohner schafft und dabei Stadtklima, Aufenthaltsqualität und Biodiversität im Quartier maßgeblich verbessert. Die Verkehrsflächen werden auf zwei effiziente Erschließungsloops reduziert, welche die innere Orientierung und Hierarchisierung im Quartier verbessern und das Verkehrsaufkommen maßgeblich reduzieren. Die vorhandenen Blockstrukturen werden behutsam ergänzt um Stadträume besser zu fassen und eine klare Zuordnung und Hierarchisierung der Freiräume zu gewährleisten. Hybride Mobilityhubs akzentuieren öffentliche Plätze, das Zentrum wird mit nutzungsgemischten Sockeln gerahmt und verdichtet. Am Rand wird das Motiv der Solitärbauten fortgeführt, die großzügigen Höfe werden mit Townhouses typologisch gemischt. Die Straße am Nuthetal wird baulich gefasst und zu einer lebendigen Stadtstraße weiterentwickelt.

Beurteilung durch das Preisgericht:

Das städtebauliche Konzept respektiert den vorhandenen Bestand an Bebauung und Frei­raum. Vorhandene Hofstrukturen werden in einigen Bereichen logisch ergänzt. Das Zentrum mit dem Marktplatz bekommt durch die So­ckeleinfassung der Hochhäuser und ergänzen­de Gemeinschaftsbauten eine urbanere räumli­che Fassung. Die räumliche Neugestaltung des Quartiersauftaktes am Magnus-Zeller-Platz auf Kosten des Abrisses von zwei Wohnhäusern ist hingegen wenig überzeugend.

Bild: Octagon Architekturkollektiv

Für den ergänzenden Bau von ca. 800 Wohn­einheiten werden unterschiedliche Haustypen vorgeschlagen, darunter eine Reihenhausbe­bauung innerhalb der vorhandenen Wohnhöfe und gruppenförmig angeordnete Würfelhäuser an der Peripherie der Bebauung.

Der Zusammenhang des Freiraumsystems wird durch die Betonung grüner Bänder gestärkt, die zum einen als ökologisch wertvolle Grün­räume und zum anderen durch wohnungsna­he Freizeitangebote entwickelt werden. Das Schlaatz-Wäldchen und der Nuthepark wer­den zu einem Grünen Rand weiterentwickelt. Die Durchdringung von orthogonalem Städte­bau und fließendem Freiraum, die bisher den Schlaatz charakterisiert, könnte bei der Ausdif­ferenzierung der grünen Bänder und der woh­nungsnahen Freiräume stärkere Beachtung finden. Eine klarere Zonierung des Freiraum­systems wäre ebenfalls wünschenswert.

Entlang der beiden Erschließungs-Loops wer­den Quartiersgaragen angeordnet, die gleich­zeitig wohnungsnahe Dienstleistungen anbieten.

Eine schrittweise Umsetzung des Erneuerungs­konzepts ist möglich, ohne die vorhandenen Wohnmilieus grundhaft zu stören. Die vorge­schlagene Typologie hat den Vorteil, dass der Bestand unberührt bleibt und die Vielfalt der Wohnformen zur Förderung gemischter Nach­barschaften größer wird.

Insgesamt wird anerkannt, dass sich die Verfasser sensibel mit den vorhandenen Qualitäten des Wohngebiets auseinandergesetzt haben und vielfältige Anregungen für die wei­tere Diskussion mit der Bewohnerschaft über die Zukunft ihres Wohnmilieus geben.

Überarbeitungshinweise durch das Preisgericht:

  • Das Freiraumkonzept, insbesondere die grünen Finger, ist deutlicher herauszuarbeiten. Der orthogonale Städtebau des Schlaatz wird heute von einem fließenden Landschaftsraum überlagert. Dies wird als große Qualität angesehen. Ein neues Konzept für die Grundstruktur der Freiflächen muss daher kritisch überprüft werden.
  • Die Standorte, Setzung und Dichte der Reihenhäuser in den Innenhöfen prüfen.
  • Die mit Würfelhäusern beplanten Quartierseingänge sind zu überprüfen und markanter zu gestalten.
  • Das Planung für den Magnus-Zeller-Platz ist kritisch zu überdenken.