„Echter Ruck“ oder „völlig falsche Akzente“?

Gemischte Reaktionen auf den 14-Punkte-Maßnahmenplan der Bundesregierung

Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses. Foto: Laurence Chaperon

Die am 25. September vorgestellten Ergebnisse des Wohngipfels im Kanzleramt und der 14-Punkte-Maßnahmenplan der Bundesregierung stießen auf ein geteiltes Echo.

„Turbo für den Wohnungsbau“ muss gezündet werden

„Die geplanten Maßnahmen für zusätzliche Investitionen gehen in die richtige Richtung, reichen aber noch nicht aus“, befand Wolfgang Schubert-Raab, Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB). „Bund und Länder, deren Kooperation insbesondere bei der Grunderwerbssteuer und im sozialen Wohnungsbau gefragt ist, müssen jetzt den Turbo für den Wohnungsbau auch zünden. Langwierige Diskussionen können wir uns nicht mehr leisten; sie kosten Arbeitsplätze.“

Mit Blick auf die Einzelmaßnahmen sei dem ZdB der Verzicht auf den EH-40 Standard als gesetzlichen Mindeststandard in dieser Legislaturperiode besonders wichtig. „Entscheidend ist dabei, dass der EH 55-Standard auch gefördert wird, damit die Nachfrage in Gang kommt. Jedes gebaute EH 55-Haus ist angesichts des Wohnraummangels besser als kein EH 40-Haus.“

„Vorsichtig optimistisch“ reagierte der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA). „Es gibt heute einen echten Ruck, und es ist mehr herausgekommen als die erforderlichen Beschleunigungsmaßnahmen.“ Um den meisten der hunderttausenden Menschen, die vergeblich nach Wohnraum suchten, konkret Hoffnung machen zu können, brauche es noch mehr, so Präsident Andreas Mattner. Ein wesentlicher Beitrag des Bundes sei eine neue Abschreibungsmöglichkeit („degressive AfA“), die Projektentwicklern wieder das Arbeiten ermögliche.

Der ZIA reagiert auch erfreut auf den vorläufigen Abschied der Bundesregierung vom strengen Energieeffizienzstandard EH 40 beim Neubau. „Hier zeigt die Bundesregierung eine neue Bewegungsbereitschaft, die angemessen ist, weil wir die Klimaziele auch auf anderem Wege erreichen können“, analysiert Mattner. Die kurzfristige Entscheidung, in Städten und Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten den Bau von günstigem Wohnraum zu beschleunigen und eine Sonderreglung im § 246 des Baugesetzbuchs zu ermöglichen, sei „eine wichtige Reaktion auf die immer dramatischere Lage am Wohnungsmarkt“. Doch es brauche mehr: Der ZIA fordere ein KfW-Programm mit einem Zinssatz von zwei Prozent, um Investoren, die „unter steigenden Preisen und hohen Zinsen zunehmend leiden“, Bewegungsspielraum zu geben.

Leider „nichts herausgekommen“ für sozial orientierte Wohnungsunternehmen

Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW hatte ebenso wie der Eigentümerverband Haus & Grund nicht am Wohngipfel im Kanzleramt teilgenommen. Im Maßnahmenpaket sah Präsident Axel Gedaschko „durchaus positive Entwicklungen für die energetische Modernisierung im Bestand. Aber mit Blick auf notwendige Impulse für den bezahlbaren Wohnungsbau ist für die sozial orientierten Wohnungsunternehmen leider nichts herausgekommen“.

Was Deutschland konkret brauche, sei „ein neues, wahrhaftiges Versprechen für bezahlbaren Wohnungsneubau für die Mitte der Gesellschaft. Die zwei wesentlichen Teile dieses Versprechens müssen eine Absenkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent für bezahlbaren Wohnungsbau und KfW-Darlehen zu einem verbilligten Zinssatz von 1 Prozent sein. Im Gegenzug können die sozial orientierten Wohnungsunternehmen dann wieder bezahlbare Neubaumieten von 9 bis 12 Euro pro Quadratmeter und Monat realisieren und garantieren“, so Gedaschko.

Auch der Deutsche Mieterbund bemängelte fehlende soziale Impulse. „Die gestern im Kanzleramt vorgestellten 14 Punkte führen weder zu mehr bezahlbarem Wohnraum noch zu sinkenden Mieten“, kommentierte Präsident Lukas Siebenkotten. „Es fehlt der Bundesregierung nach wie vor ein Plan, wie die Krise am Wohnungsmarkt gelöst werden soll.“ Ernüchternd sei auch, „dass weder die Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau noch für den Bau von erschwinglichen Mietwohnungen aufgestockt wurden“. Immerhin die vom Deutschen Mieterbund geforderte „Neue Wohngemeinnützigkeit“ nächstes Jahr endlich umgesetzt werden.

„Die Bundesregierung setzt die völligen falschen Akzente, wenn Sie meint, die Krise am Wohnungsmarkt mit mehr Eigentumsförderung und höheren Subventionen für den Heizungsaustausch lösen zu können“, fand Siebenkotten. „Neben dem Bau von bezahlbaren Mietwohnungen muss die Reform des Mietpreisrechts, und zwar insbesondere die Ahndung von Wuchermieten, der Mietenstopp im Bestand und das Verbot von Indexmieten, oberste Priorität haben, wird aber sträflich vernachlässigt. Mieterinnen und Mieter blicken in eine ungewisse Zukunft, da die Ampel ihre Sorgen trotz alarmierender Zahlen zur Wohnkostenbelastung weiter ignoriert.“

Von Gewerkschaften und Sozialverbänden kam deutliche Kritik an dem Maßnahmenpaket. „Die Bundesregierung verliert kein Wort zu besserem Mieterschutz, gibt keine zusätzlichen Impulse für den sozialen Wohnungsbau, und es fehlen verbindliche Zusagen für die Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit“, urteilte etwa Stefan Körzell vom Deutschen Gewerkschaftsbund.

Enttäuscht zeigten sich auch Umweltverbände: „Das Maßnahmenpaket der Ampel zum Bauen und Wohnen ist keine Weichenstellung in eine sozial gerechtere und ökologischere Zukunft, sondern ein Fiasko“, sagte Antje von Broock, Geschäftsführerin beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Der Abschied vom Ökostandard E 40 sei völlig inakzeptabel. „Mit den Plänen der Ampel schlittern wir weiter der Klimakatastrophe entgegen, und immer mehr Menschen wissen nicht, wie sie ihre nächste Heizkostenrechnung bezahlen sollen.“