Arme und Reiche leben immer seltener Tür an Tür

Studie zu sozialer Ungleichheit

Die Tagesschau berichtete vor kurzem über die Veröffentlichung einer Studie zur sozialen Ungleichheit in Deutschland des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung. So würden in Deutschland Arme und Reiche immer seltener Tür an Tür leben. Insbesondere in den Städten nehme die soziale Spaltung. Die Studie belege, dass die soziale Segregation zwischen 2004 und 2014 in gut 80 Prozent der Städte angestiegen sei. 74 deutsche Großstädte seien dabei hinsichtlich ihrer Verteilung der SGB-II (Hartz-IV)-Empfänger im Stadtgebiet untersucht worden. Dafür haben die Forscher den sogenannten Segregationsindex berechnet, der Auskunft gibt darüber, wieviel Prozent der Hartz-IV-Bezieher in einen anderen Stadtteil umziehen müssten, um gleichmäßig verteilt in einer Stadt zu leben.
Im Ergebnis habe sich gezeigt, dass das in einer ganzen Reihe von Städten zwischen 35 und 40 Prozent der Leistungsempfänger betreffen würde. Massiv sei der Anteil dabei in den ostdeutschen Städten gestiegen, heißt es. Darunter auch neben Rostock, Schwerin, Erfurt, Halle und Weimar auch Potsdam. In diesen Städte gebe es eine regelrechte Trennlinie, so die Forscher, zwischen den alten Plattenbaugebieten auf der einen Seite und den neu restaurierten Innenstädten und den Vororten mit Reihenhäusern auf der anderen.

Eine wichtige Rolle für die soziale Durchmischung spiele den Forschern zufolge, die räumliche Verteilung von Sozialwohnungen. Sie seien in der Regel in Gebieten zu finden, in denen ohnehin die Armen wohnen, heißt es. Um dem entgegenzuwirken, müssten etwa Sozialwohnungen auch in besseren Lagen entstehen.

Im ostdeutschen Vergleich weisen weisen Madgeburg und Dresden im Gegensatz zu den anderen ostdeutschen Städten eine vergleichsweise geringe Segregation auf. Die Erklärung der Forscher dafür: Beide Städte wurden im Zweiten Weltkrieg großflächig zerstört und danach neu aufgebaut. Daher verteilen sich Neu- und Plattenbauten dort ausgewogener im Stadtraum. In ostdeutschen Städten mit heute hoher sozialer Segregation wie Rostock, Erfurt oder Jena wurden die Plattenbauten hingegen eher am Stadtrand gebaut, die nach der Wiedervereinigung zunehmend zu sozialen Brennpunkten wurden.

Am stärksten sei die soziale Trennung indes dort, wo viele Familie mit Kindern unter sechs Jahren und viele arme Menschen leben. In 36 Städten gebe es inzwischen Quartiere, in denen mehr als die Hälfte aller Kinder von Sozialleistungen leben. In den alten Bundesländern weisen vor allem die Städte Saarbrücken, Kiel, Köln, Essen und Dortmund hohe Anteile von Vierteln auf, in denen mehr als die Hälfte der Kinder arm sind. Diese Entwicklung könne sich negativ auf die Lebenschancen armer Kinder auswirken. So sei es wissenschaftlich nachgewiesen, dass die Nachbarschaft auch den Bildungserfolg beeinflusse.

Mehr zu der Studie und dem Beitrag der Tagesschau finden Sie unter hier.

Quelle: www.tagesschau.de

Reaktion aus Potsdam

Kurz nach Veröffentlichung der Studie übte die Landeshaupstadt Potsdam Kritik an der Studie. So habe Baubeigeordnete der Stadt, Bernd Rubelt gegenüber dem rbb, die Bezeichnung „Ghetto“ im Zusammenhnag mit Potsdam als beleidigend empfunden. Gleichzeitig habe er eingeräumt, dass es in Potsdam durchaus Wohnquartiere mit mangelnder sozialer Durchmischung gebe. Deswegen arbeite man daran, die Wohnraumförderung auf das gesamte Stadtgebiet auszuweiten.

Quelle: rbb

Im Kampf gegen die zunehmende soziale Spaltung in der Stadt haben die Potsdamer Neuesten Nachrichten im Zuge der Veröffentlichung der Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung alle die OB-Kandidaten um eine Stellungnahme gebeten. Diese hat die PNN jüngst veröffentlicht und können hier nachgelesen werden.

Im Ergebnis hätten sich die Kandidaten aber wenig überrascht vom Ergebnis der Studie gezeigt. Einen Teil der Verantwortung für die Spaltung sollen einige der Stadtpolitik zu geschrieben haben. Es sei zu wenig politisch gegen die soziale Verdrängung vorgegangen und sogar zum Teil forciert worden.

Potsdam habe nach Ansicht des Chefs der Volkssolidarität Brandenburg, Bernd Niederland zudem zu lange der Marktentwicklung zugeschaut und es „versäumt, einen Ausgleich zu schaffen durch sozialen Wohnungsbau und Sanierungen.

Die Lösungsansätze der Kandidaten gehen den PNN zufolge zum Teil weit auseinander. Es werden Themen aufgegriffen, wie die Begrenzung des anhaltenden Wachstum bzw. eine bessere Steuerung des Wachstum. Es geht um Nachverdichtung etwa durch Aufstockung wie am Schlaatz, um preisgünstige Sanierung und Vermietung. Es geht um Berücksichtung einer besseren Durchmischung bei der Planung neuer Gebiete wie in Krampnitz. Gleichwohl gibt es Stimmen den Wohnungsbau weiter voranzutreiben und den Anteil an Sozialwohnungen zu erhalten und zu erweitern. Dabei wird auch das Thema der Liegenschaftspolitik mit aufgegriffen. So dürfe Potsdam Grundstücke nicht zum Höchstpreis verkaufen.

Von Seiten der Stadt gebe es Interesse, das gesamte Stadtgebiet zur Förderkulisse für sozialen Wohnungsbau zu machen. Die Förderbedingungen des Landes seien zugunsten der Stadt verändert worden, heißt es von Seiten des Baudezernenten.

Quelle: Potsdamer Neueste Nachrichten, 28.05.2018

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