Wohnungsunternehmen ehren Aufrührer

Anlässlich seines 100. Todestags am 4. Juli werden zu Ehren des bekannten Sozialdemokraten Paul Neumann Zusatzschilder in der nach ihm benannten Straße in Babelsberg angebracht. Der engagierte Kommunalpolitiker ließ einst das Gebiet Sandscholle für den Wohnungsbau entwickeln, in dem auch die Wohnungsunternehmen GEWOBA Babelsberg, die ProPotsdam und der Bauverein Babelsberg Bestände hat. Wer war der Mann, der sich zeitlebens für die sozialen Belange der Armen einsetzte?

Den „Roten Zaren“ nannten ihn gleichermaßen respektvoll wie bewundernd seine Anhänger wie auch seine Feinde. Den Spitznamen hatte sich Paul Neumann redlich verdient. Am 9. November 1918 führte der linke Sozialdemokrat einen Trupp von etwa 70 Aufrührern zum Babelsberger Rathaus, das sie gemeinsam besetzten. Zuvor war in Berlin die Republik ausgerufen worden. Um die Revolution zu unterstützen, war die Nowaweser Arbeiterschaft in den Streik getreten. Nach einer Lagebesprechung bei Hiemkes war der Trupp mit roten Fahnen losgezogen: Wenn schon Revolution, dann auch in Nowawes. Am nächsten Tag ernannte der Arbeiter- und Soldatenrat, der die Macht im Rathaus übernahm, Paul Neumann zum Gemeindevorsteher der Arbeiterstadt. Bei der im März 1919 abgehaltenen Kommunalwahl wurde er im Amt, das dem eines Bürgermeisters entsprach, bestätigt.

Leidenschaftlicher Mitgestalter von Babelsberg

Seine Amtszeit dauerte nicht allzu lange. Gleichwohl wusste er sie zu nutzen und veränderte die Stadt in atemberaubendem Tempo. Er kümmerte sich um die Unterrichtung nichtkonfessioneller Schüler und setzte bei der Gesundheitsfürsorge auf reformorientierte Gemeindeärzte; auch in der Boden- und Wohnungspolitik hinterließ er seine Spuren. Paul Neumann war 1865 als Kind einer Weberfamilie geboren worden, die in Enge und Armut lebte. Schon als junger Mann fand er zur Arbeiterbewegung. Als Mitarbeiter des täglich erscheinenden „Centralorgans“ der deutschen Sozialdemokratie, der Zeitung „Vorwärts“, gehörte er viele Jahre zum gut besoldeten Parteiapparat der SPD. Um vieles besser bezahlt als die meisten Arbeiter im Deutschen Reich, konnte er sich und seiner Familie ein Haus in der Heinestraße kaufen, eine der vornehmeren Gegenden der Stadt. Aber Neumann vergaß nie, woher er kam. Seine politische Energie galt den Armen.

Mit Leidenschaft engagierte er sich dafür, dass die Sandscholle als Bauland gewonnen wird. Schon im Jahre 1918 setzte er gegen den Widerstand der Rechten durch, dass die Stadt 52 Hektar des Geländes kaufte. Die Sandscholle war ein vornehmlich mit Kiefern bewachsenes sandiges Gebiet zwischen der heutigen Rudolf-Breitscheid- und Kopernikusstraße sowie Großbeerenstraße und An der Sandscholle. Angesichts der Wohnungsnot war es Neumanns Ziel, Wohnraum für Arbeiter zu schaffen: hell, modern, preiswert und mit ausreichend Platz für Familien. Seine Bemühungen fruchteten und entlang der heute nach ihm benannten Straße sowie in der Franz-Mehring-, der Stahnsdorfer und der Großbeerenstraße wurden eben solche Wohnungen von der Gemeinde und von den Potsdamer Genossenschaften errichtet. Zum Zeitpunkt ihrer Errichtung war Paul Neumann allerdings schon aus dem Rennen. Als Gemeindevorsteher musste er abtreten, weil er weder mit der SPD noch mit der KPD gehen wollte und lieber ein unabhängiger Sozialdemokrat blieb. Das war 1921. Kurz darauf starb er, 58- jährig. Sein Grab findet sich auf dem Babelsberger Goethefriedhof.

Zum 100. Todestag von Paul Neumann am 4. Juli werden erklärende Straßenzusatzschilder in der nach ihm benannten Straße in Babelsberg angebracht. Die Anbringung der ergänzenden Schildern geht auf einen Vorschlag der GEWOBA Babelsberg und der Geschichtswerkstatt Rotes Nowawes zurück. Die Kosten tragen die Wohnungsunternehmen ProPotsdam, GEWOBA Babelsberg und der Bauverein Babelsberg gemeinsam. Ausgesucht wurden dafür die Ecken Paul-Neumann-/ Rosenstraße, Paul-Neumann-/Franz Mehring-Straße sowie die Einmündung der Kleinen in die Paul-Neumann-Straße. Neben der feierlichen Einweihung an der Ecke Franz-Mehring-Straße um 17 Uhr ist ab 15:30 Uhr ein kleines Straßenfest geplant. Die Geschichtswerkstatt Rotes Nowawes e. V. bietet im Anschluss einen Spaziergang auf den Spuren Neumanns an.