Arbeitskreis lehnt Entwurf der Abfallgebührensatzung ab

Mit einer Erklärung haben sich die Mitglieder des Arbeitskreises StadtSpuren an die Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung gewandt. Wir veröffentlichen den Wortlaut des Dokumentes:

Die neun im Arbeitskreis StadtSpuren zusammenarbeitenden Wohnungsunternehmen haben sich mit dem Entwurf der Abfallgebührensatzung der Landeshauptstadt befasst und sind zu dem Schluss gekommen, dass der vorliegende Entwurf der Gebührensatzung handwerklich unzureichend, unsozial und unzumutbar ist. Deshalb muss der Entwurf dringend nachgebessert werden.

Im Einzelnen vertritt der Arbeitskreis folgende Auffassungen:

  • Der vorliegende Entwurf der Gebührensatzung ist unzumutbar: An Hand von Berechnungen der Wohnungsunternehmen zeigt sich, dass die neuen Gebührenregelungen zu einer flächendeckenden Kostensteigerung bei der Müllentsorgung um etwa 25% führen würden, in einzelnen Siedlungen sogar um 48%. Der Erhöhung der Kosten liegt keine Leistungserweiterung des Entsorgers zu Grunde. Diese Kosten haben die Potsdamerinnen und Potsdamer künftig zusätzlich, aber ohne Mehrleistung zu tragen.
  • Der vorliegende Entwurf der Gebührensatzung ist handwerklich unzureichend: Die zu erwartende und gelegentlich in Aussicht gestellte Kostenentlastung durch Reduzierung von Restmüll im Ergebnis der Einführung der Biotonne wird mit dieser Gebührensatzung nicht erreicht. Das Gegenteil ist der Fall: Trotz konsequenter Trennung steigen die Kosten.
  • Der vorliegende Entwurf der Gebührensatzung ist unsozial: Die ohnehin recht hohe Grundgebühr wird nicht pro Haushalt, sondern entsprechend der Anzahl der im Haushalt lebenden Personen erhoben. Dies führt dazu, dass Familien mit Kindern benachteiligt werden. So zahlt eine Familie mit zwei Kindern in Potsdam eine Grundgebühr in Höhe von 82,56 €, während Ein-Personen-Haushalte 20,64 € aufzubringen haben. In Berlin würden beide Haushalte 24,60 € zahlen.
  • Der vorliegende Entwurf der Gebührensatzung ist eine beispielhafte Probe für das Wohnungspolitische Konzept: Der Prozess der Meinungs- und Entscheidungsfindung in den Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung erweist sich in Sachen Abfallgebühren als erster Test für die Qualität und Glaubwürdigkeit des kürzlich beschlossenen Wohnungspolitischen Konzeptes: Der in diesem Konzept vorgesehene Wohnkosten-Check müsste deutlich Alarm schlagen und die Stadtverordneten vor einem positiven Votum bewahren.

Seit 2012 hat sich der Arbeitskreis StadtSpuren kontinuierlich mit der stadtweiten Einführung der Biotonne befasst. Dabei kam es frühzeitig und wiederholt zu gemeinsamen Beratungen mit Vertretern der Stadtverwaltung, Fachbereich Ordnung und Sauberkeit, und mit Vertretern der STEP Stadtentsorgung Potsdam GmbH. Unter anderem ging es dabei um die Durchführung und Auswertung von Modellvorhaben in verschiedenen Stadtteilen und die Vorbereitung der endgültigen Einführung der Biotonne in der ganzen Stadt. Den immer wieder gestellten Fragen der Wohnungsunternehmen nach den Kosten wichen die Beteiligten auf der Seite der Stadt und des Entsorgers weitgehend aus. Umso ärgerlicher ist es, dass nunmehr, kurz vor Jahresende, ein Satzungsentwurf vorgelegt wird, der unter hohem Zeitdruck diskutiert und beschlossen werden soll. Der Arbeitskreis erklärt dazu: Das Vorgehen der Stadtverwaltung hat nichts mit Kommunikationskultur und gemeinsam wahrgenommener Verantwortung zu tun. Es gibt keinen Grund, die Wohnungsunternehmen und die Stadtöffentlichkeit derart überrumpeln zu wollen.

Um flächendeckend Stellplätze für Biotonnen bereitstellen zu können, waren in vielen Fällen Maßnahmen zur Erweiterung und Neuordnung von Müllstandsflächen notwendig. Diese Investitionen und die damit zusammenhängenden Maßnahmen wurden in 2015 von den Wohnungsunternehmen weitgehend abgeschlossen. Dagegen blieb die Kommunikation gegenüber den Potsdamerinnen und Potsdamern zur Einführung der Biotonne weit hinter den Notwendigkeiten zurück. Die Wohnungsunternehmen nutzen seit Monaten alle zur Verfügung stehenden Mittel, wie Mieter- oder Mitgliederzeitungen oder Homepages, ihre Mieter und Nutzer auf die Biotonne vorzubereiten. Gleichzeitig haben die Wohnungsunternehmen in verschiedenen Gesprächen mit der Stadtverwaltung und dem Entsorger dargelegt, dass sie von ihnen dringend aktivere Werbe- und Aufklärungsanstrengungen erwarten. Dieser Erwartung wurde allerdings nicht entsprochen. Bei den Wohnungsunternehmen ist dadurch der Eindruck entstanden, dass die Verwaltung sich darauf beschränkt, die technischen Voraussetzungen für die Trennung von Bioabfällen zu schaffen, den Entsorger in Stellung zu bringen und die dafür notwendigen Mittel über eine fragwürdige Gebührenordnung abzusichern. Die eigentliche Durchsetzung der Mülltrennung durch Aufklärung, Motivierung, Werbung und positive Ansprache wird indes dem Selbstlauf oder anderen, zum Beispiel den Wohnungsunternehmen, überlassen.

Der Arbeitskreis StadtSpuren bittet die Stadtverordnetenversammlung, den Entwurf der Abfallgebührensatzung abzulehnen.

Vielmehr soll die Stadtverwaltung beauftragt werden, eine Gebührenordnung zu erarbeiten, die sozial ausgeglichen und hinsichtlich der Kosten annehmbar ist und darüber hinaus die Mülltrennung stimuliert.

Gleichzeitig soll die Stadtverwaltung beauftragt werden, ihre Anstrengung zur Werbung für und Aufklärung über die Mülltrennung über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren zu intensivieren.

Die Unternehmen des Arbeitskreises stehen dafür auch weiterhin als Gesprächs- und Kooperationspartner zur Verfügung.

Potsdam, 21. Oktober 2015

Arbeitskreis StadtSpuren
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Im Arbeitskreis StadtSpuren kooperieren Potsdamer Wohnungsunternehmen seit 1997 auf verschiedenen Sachgebieten. Mit rund 34.000 Wohnungen verfügen sie über rund 40 Prozent aller Mietwohnungen in Potsdam. In StadtSpuren wirken die kommunale GEWOBA WVP mbH, die GWG Bauverein Babelsberg eG, die Gewoba eG Babelsberg, die Potsdamer Wohnungsbaugenossenschaft eG, die Potsdamer Wohnungsgenossenschaft 1956 eG, das Studentenwerk Potsdam, die Wohnungsbaugenossenschaft 1903 Potsdam eG, die Wohnungsbaugenossenschaft „Daheim“ und die Wohnungsgenossenschaft „Karl Marx“ Potsdam eG mit.