Warnung vor „Asbest-Welle“

IG Bau: 9,4 Millionen Wohnhäuser bei Sanierungen potenziell betroffen

Carsten Burckhardt, Mitglied im Bundesvorstand der IG BAU. Foto: Tobias Seifert

Millionen Tonnen Asbest stecken in Altbauten. Bei Sanierungsarbeiten kann der krebserregende Stoff freigesetzt und damit zu einem ernsten Problem werden. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) warnte bei einer Pressekonferenz am 10. August vor einer neuen Asbest-Gefahr: „Wir stehen am Anfang von zwei Sanierungsjahrzehnten. Die energetische Gebäudesanierung wird enorm an Fahrt aufnehmen“, sagte Carsten Burckhardt, im Bundesvorstand der IG BAU für die Bauwirtschaft und den Arbeitsschutz zuständig. „Gleichzeitig baut sich Deutschland um: Aus bestehenden Gebäuden wird neuer und zusätzlicher Wohnraum. Wohnhäuser werden modernisiert, senioren- und familiengerecht umgebaut oder aufgestockt. Mit der Sanierungswelle droht deshalb jetzt eine ‚Asbest-Welle‘ auf dem Bau.“

Für die Menschen, die in Wohngebäuden leben, die mit asbesthaltigen Baustoffen gebaut wurden, gebe es allerdings eine Entwarnung: „Eine unmittelbare Gefährdung für die Gesundheit gibt es nicht“, erklärten IG BAU, Pestel-Institut und die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU). Asbest in Altbauten könne erst dann zum Problem werden, wenn saniert oder umgebaut werde. Das sei eine unsichtbare Gefahr – für Bauarbeiter genauso wie für Heimwerker. Alles beginne mit Baustaub und dem Einatmen von Asbestfasern. Bis zu 30 Jahre dauere es, ehe es zur tragischen Diagnose komme: Asbestose – mit Lungen-, Bauchfell- oder Kehlkopfkrebs.

„Von 1950 bis 1989 kamen Asbest-Baustoffe intensiv zum Einsatz. In der Zeit wurden bundesweit gut 9,4 Millionen Wohnhäuser neu gebaut“, bezifferte Carsten Burckhardt. Laut einer von der Gewerkschaft in Auftrag gegebenen Untersuchung des Pestel-Instituts waren das in Brandenburg 153.135 Gebäude. „Das ist mehr als der Hälfte aller Wohngebäude in Deutschland. Es ist davon auszugehen, dass es in jedem Gebäude, das in diesen vier Jahrzehnten gebaut, modernisiert oder umgebaut wurde, Asbest gibt. Mal mehr, mal weniger.“

Burckhardt will der drohenden „Asbest-Welle“ auf dem Bau jetzt mit einem Maßnahmenpaket entgegentreten. Die Bau-Gewerkschaft hat dazu eine „Asbest-Charta“ mit zentralen Forderungen für mehr Schutz vor Asbest vorgelegt. „Es geht dabei um bessere Informationen über Asbest-Gefahren bei Gebäuden, um die Förderung von Asbest-Sanierungen und vor allem auch um konsequenten Arbeitsschutz.“ Der Gewerkschafter fordere einen Schadstoff-Gebäudepass mit unterschiedlichen Gefahrenstufen für die jeweilige Asbest-Belastung eines Gebäudes. „Jeder Bauarbeiter und jeder Heimwerker muss wissen, auf was er sich einlässt, wenn er Fliesen abschlägt, Wände einreißt oder Fassaden saniert.“

Eine übergreifende staatliche Kooperation von Bund, Ländern und Gemeinden sei notwendig, um das Asbest-Problem und die Finanzierung der Altlasten auf möglichst breiter Ebene anzugehen. Burckhardt fordert zudem eine staatliche Sanierungsprämie. Dazu müsse der Bund ein KfW-Förderprogramm „Asbest-Sanierung“ schaffen, um Kosten abzufedern, die bei einer Gebäudesanierung in asbestbelasteten Wohnhäusern zusätzlich entstünden.