Erkundung der Siedlung Am Schragen und Nauener Vorstadt
Die WBG 1903 und PWG 1956 luden den neuen Chef der Unteren Denkmalpflege Marc Jumpers zum Rundgang durch die denkmalgeschützten Siedlungen „Am Schragen“ und in der Nauener Vorstadt ein. Sinn und Zweck des gemeinsamen Spaziergangs: Zum einen wollten sich die Beteiligten auf Augenhöhe kennenlernen, zum anderen erfahren die Teilnehmer vor Ort sehr viel mehr über die Siedlungen, ihre Geschichte und Bewohner als aus Büchern, Dokumentationen und Akten zu erfahren ist.
Am Schragen
Die Siedlung „Am Schragen“ wurde in den 1920er Jahre errichtet. Damals noch unter dem Namen Gemeinnütziger Beamten-Siedlungsverein Vaterland. Im März 1923 kaufte der Vorstand ein 37.000 Quadratmeter großes Grundstück am Rande des Bornstedter Feldes für 30 Mark pro Quadratmeter.
Unter der Leitung des Regierungsbaumeisters Georg Fritsch entstand die Siedlung zwischen 1924 bis 1926 mit 69 Wohnungen. In Anlehnung an Bruno Tauts architektonische Form- und Farbsprache entstand eine großzügig angelegte gartenstädtische Siedlung.
Die Siedlung wurde nach Ende des zweiten Weltkrieges durch die Sowjetarmee enteignet. Erst nach dem Abzug der russischen Truppen wurde die Gebäude an die damalige GWG Vaterland rückübertragen. Mit der Rückgabe wurde die Genossenschaft mit der Sicherung und Sanierung der Siedlung konfrontiert. Unter der Besetzung der Sowjets waren nur kleinere Reparaturarbeiten durchgeführt worden, so dass eine umfassende Sanierung dringlich war. Für 22,5 Millionen DM wurden in gut einjähriger Bauzeit die Häuser saniert. Die Zuschnitte der Wohnungen blieben im Wesentlichen unverändert und die tragenden Wände erhalten. Die großen Einfamilienhäuser wurden geteilt und die Dachgeschosse ausgebaut. Im Zuge der Sanierung entstanden 92 Wohnungen und 18 Gewerbeeinheiten mit einer Gesamtnutzfläche von 8.900 Quadratmetern. Heute finden sich 106 Wohnungen in der Siedlung.
Die besonderen Gegebenheiten der Genossenschaft, vor allem der kleine Bestand von 320 Wohnungen und die hohe Kreditbelastung, führten ab 2005 zu Überlegungen über eine Zusammenarbeit mit einer größeren Potsdamer Genossenschaft. Die Leistungsfähigkeit der PWG 1956 eG und das große Angebotsspektrum für die Mitglieder überzeugten die Verantwortlichen der „Vaterland“. So kam es zur Verschmelzung zwischen den beiden Genossenschaften.
Nauener Vorstadt
Das Gebiet der Nauener Vorstadt liegt unterhalb des Kapellenberges und wird durch die Parkanlage Neuer Garten, dem Schloss Cecilienhof, dem Heiligen See und den Havelgewässern begrenzt.
Nach Gründung des damaligen Beamtenwohnungsverein zu Potsdam im Jahre 1903 begann der Verein mit seinen ersten Bauaktivitäten ab 1904 in der Nauener Vorstadt. Die Wohnanlagen gelten heute als eines der schönsten und anspruchsvollsten Wohngebiete. Der Bestand der WBG 1903 erstreckt sich von der Kleinen Weinmeisterstraße, in die Großen Weinmeisterstraße und in die Hessestraße mit insgesamt 344 Wohneinheiten.
Entworfen wurden die Bauten durch die Vereinsarchitekten Muster und Blohm. Die Straßen wurden in leichten Bögen angelegt und werden zum einen durch viergeschossige Mietshäuser mit ausgeprägten Jugendstilelementen geprägt, wie sie für die Zeit vor dem 1. Weltkrieg typisch sind. Zum anderen finden sich Gebäude im Landhausstil, mit barockisierenden Formen und Elementen.
Auch der Bestand der WBG 1903 wurden nach dem Mai 1945 von der Sowjetarmee beschlagnahmt. Noch heute befassen sich die Mitglieder mit der Aufarbeitung der Besetzungszeit. Die Mitglieder der WBG 1903 zeichnen sich besonders durch ihre langjährige und generationenübergreifende Mitgliederschaft aus.
Ähnlich wie bei der PWG 1956 erfolgte die Rückgabe des Wohnungsbestandes der 1903 nach der Wende 1991. Auch hier begann die denkmalgerechte Sanierung in den Folgejahren.
Seit 2020 bietet die WBG 1903 ihren Nutzerinnen und Nutzern Grünpatenschaften. Die Genossenschaft stellt die Voraussetzungen für die Bewässerung bereit und unterstützt mit bis zu 100 Euro pro Jahr etwaige Anschaffungen.