PWG 1956 geht von einer stabilen Entwicklung aus

Ein Interview mit den Vorstandsmitgliedern Matthias Pludra und Klaus-Dieter Boshold zum Lagebericht des Vorstandes für das Geschäftsjahr 2023.

Seit Jahren erleben wir verschiedene Krisen, die nacheinander und gleichzeitig unser Leben und das Wirtschaften unserer Genossenschaft bestimmen. Das war schon 2022 so, im letzten Jahr ging es kaum besser.

Matthias Pludra: Trotz diverser krisenhafter Situationen im Jahr 2023 geht es uns gut. Wir haben mit gestiegenen Zinsen zu tun, mit einer erheblichen Verteuerung von Energie- und Lebenserhaltungskosten, mit anhaltender Inflation, höheren Bau- und Materialpreisen sowie gestiegenen Personalkosten. Das alles verteuert Dienst- und Verwaltungsleistungen ebenso die Bewirtschaftung des Gebäude- und Wohnungsbestandes. Wir haben rechtzeitig die Zeichen der Zeit erkannt und haben uns darauf eingestellt.

Klaus-Dieter Boshold: Das positive Jahresergebnis, neue Immobilien sowie die umfangreichen Investitionen in den Bestand sind eine gute Grundlage, um auch zukünftig qualitativ gute Wohnungen sozial verträglich anzubieten.

Wie bewältigt die 1956 die Herausforderung Energiewende?

Matthias Pludra: Wir haben uns unsere Gebäude angesehen und deren Zustände analysiert. Die Auflistung der daraus abgeleiteten und als notwendig und effizient eingeschätzten Maßnahmen ergibt den so genannten Klimapfad der 1956. Er fasst zusammen, was mit welcher Dringlichkeit in den kommenden zwei Jahrzehnten zu machen ist, um unseren Wohnungsbestand erfolgreich zu entwickeln. Insgesamt rechnen wir im Moment mit Gesamtinvestitionen in Höhe von 76 Millionen Euro für die nächsten zwei Jahrzehnte. Ein langer Zeitraum, der aber schon heute geplant werden muss. Mit dem Bauplan 2024 werden nun Maßnahmen zur Umsetzung von Klimapfad bzw. Klimastrategie der 1956 stärker berücksichtigt.

Klaus-Dieter Boshold: Die Energiewende ist gerade für die soziale Immobilienwirtschaft eine riesige Aufgabe. Das ist ein Thema, welches alle Wohnungsunternehmen beschäftigt. Da braucht es Zusammenhalt unter den Wohnungsgenossenschaften und lösungsorientierte Ideen. Im Arbeitskreis StadtSpuren kooperieren Potsdamer Wohnungsunternehmen seit 1997 auf verschiedenen Themenfeldern. Mit rund 35.000 Wohnungen verfügen sie über rund 40 Prozent aller Mietwohnungen in Potsdam. Es gibt regelmäßige Zusammenkünfte, um auch an dieser Stelle gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. Ziel aller ist es, stabile und sozialverträgliche Mieten für die Anwohner zu sichern.

Matthias Pludra: Gleichwohl muss beachtet werden, dass die soziale Wohnungswirtschaft und insbesondere Genossenschaften keine Gewinne erwirtschaften, welche in die Energieversorgung investiert werden könnten. Alle müssen kreativ, konstruktiv und lösungsorientierte Wege gehen, auch mit dem Mut zur Lücke und das geht nur als Team, und zwar gemeinsam mit allen Beteiligten, um die CO₂-Emissionen weiter deutlich zu reduzieren. Hier schließe ich den kommunalen Energieversorger, die Stadtpolitik und die Stadtverwaltung ausdrücklich mit ein.

Das Jahr 2023 war entscheidend, um den politischen wie wirtschaftlichen Rahmen für die Klima- und Energiewende zu definieren. Entsprechende gesetzgeberische Schritte – nach vorn und dann wieder zurück – prägten die politische Debatten.

Klaus-Dieter Boshold: Mit dem Verfassungsgerichtsurteil vom 15. November 2023 muss sich Gesellschaft und Wirtschaft für das Jahr 2024 und wahrscheinlich darüber hinaus auf neue Belastungen einstellen. Denn dem Bund ist es nun verwehrt, einen Teil seiner geplanten Ausgaben den Sondervermögen des Klima- und Transformationsfonds und des Wirtschaftsstabilisierungsfonds Energie zuzurechnen.

Matthias Pludra: Kürzungen öffentlicher Förderungen und Subventionen, die zu erwarten sind, dürften die ohnehin bestehende Verunsicherung eher verstärken, Investitionen unmittelbar und in den kommenden Quartalen deutlich schmälern. Sollten sich die Rahmenbedingungen bei Förderung und Finanzierung verbessern, könnten sich mit Blick auf die Förderkulissen und auf die angestiegenen Klimaschutzanforderungen zumindest die Modernisierungsinvestitionen 2025 wieder etwas erholen.

Und der Neubau von Wohnungen?

Matthias Pludra: In Anbetracht der vagen Aussichten wird sich ein überwiegender Teil der Unternehmen aus dem Neubau zurückziehen und zukünftig energiepolitische Entwicklungen der eigenen Bestände primär betrachten und umsetzen. Ausgenommen hiervon wahrscheinlich kommunale oder landeseigene Wohnungsunternehmen, so in Berlin und Potsdam, bestehen doch zumeist massive Neubauaufträge von ihren Gesellschaftern.

Die 1956 baut doch aber auch neu: Rehbrücke, Anna-Zielenziger-Straße, Krampnitz.

Matthias Pludra: So lange und so gut wir es können, werden wir die Anzahl der Wohnungen der 1956 ständig erhöhen und unseren Bestand erweitern. Das ist unser Auftrag. Dabei können wir uns auf unsere gute Geschäftsbilanzen, unser gutes Standing in Potsdam und die Kraft der Spareinrichtung stützen. Allerdings gilt auch für uns: Hinderlich bei der Schaffung von Wohnraum und der Bestandsbewirtschaftung, sind die ungünstigen Rahmenbedingungen, welche die Wirtschaftlichkeit zunehmend belasten. Neben den allgemeinen Preissteigerungen sind mittlerweile Zinssätze für Baufinanzierungen mit zehnjähriger Zinsbindung zwischen 3,5 % und 4,0 % der Regelfall. Ein Umstand, der die Entwicklung preiswerten Wohnraums mit sozialverträglichen Nutzungsgebühren belastet.

Klaus-Dieter Boshold: Mit unserer Spareinrichtung haben wir nicht nur ein Alleinstellungsmerkmal in der Region, sie sichert uns Flexibilität in der Finanzpolitik senkt auch Kapitalkosten und erhöht unsere Möglichkeiten zur Bewirtschaftung.

Matthias Pludra: Darüber hinaus sind für 2023 relevant, eine nahezu dauerhafte Vermietung ohne übergebührliche Fluktuation sowie der stete Zuwachs an Spareinlagen. Letzteres spiegelt Akzeptanz dem genossenschaftlichen Prinzip im Allgemeinen sowie der 1956 im speziellen wider und insbesondere zeugt es vom großen Vertrauen der Mitglieder und Bewohner ihrer 1956 gegenüber.

Wir wirtschaften aber auch in einem positiven regionalen Umfeld. Entgegen dem Bundestrend wuchs Brandenburgs Wirtschaft im ersten Halbjahr 2023 um sechs Prozent und damit so stark wie in keinem anderen Bundesland.

Klaus-Dieter Boshold: Potsdam, prosperierend mit zunehmender Bevölkerung, entwickelt sich rasant und stetig, partizipiert zudem von Wanderungsgewinnen ins Berliner Umland und Berlin überhaupt. Positiv, auch für den Wohnungsmarkt, ist das leichte Bevölkerungswachstum, erschwerend dagegen die Investitionsbedingungen, mit steigenden Baupreisen um bis zu dreißig Prozent. Auch der Arbeitsmarkt zeigte sich in Potsdam 2023 stabil, die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt auf ähnlich hohem Niveau wie schon 2022. Demgemäß bleibt auch die Nachfrage nach Wohnungen unverändert.

Die Krisen sind ja nicht vorbei. Sie halten an und werden uns auch im laufenden Jahr beschäftigen.

Klaus-Dieter Boshold: Aus der nach wie vor angespannten Versorgungslage bei Energie resultieren stark schwankende Preise. Dies und die notwendigen Aktivitäten zum Erreichen der beschlossenen klimapolitischen Ziele führen zu steigenden Nutzungsgebühren sowie Nebenkosten. Das wird zu sozialen Belastungen in der Gesellschaft führen und diese auch verunsichern. Dennoch gehen wir von einer stabilen Entwicklung der Geschäftslage aus.

Matthias Pludra: Die Geschichte zeigt, dass Genossenschaft das Krisenbewältigungsmodell schlechthin ist. In Zeiten größter Herausforderungen an die Wohnraumversorgung erfuhren Genossenschaften Blütezeiten. Aber auch in guten Zeiten ist das Geschäftsmodell der Genossenschaften ein überaus erfolgreiches. Für die Mitglieder bedeutet es: Ein lebenslanges Wohnen ohne Sorgen.

Ein zusammenfassendes Schlusswort vielleicht noch? Ist die Stimmung gut?

Klaus-Dieter Boshold: Die positive Entwicklung unserer Genossenschaft hat sich im letzten Jahr fortgesetzt. Daran wollen wir weiter gemeinsam arbeiten. Das Geschäftsjahr schließt mit einem Jahresüberschuss ab. Die Genossenschaft ist finanziell gut aufgestellt, sie verfügt über eine solide Bilanzstruktur und Liquidität.

Matthias Pludra: Das erzielte Jahresergebnis gibt uns die Möglichkeit, den vor uns liegenden Herausforderungen positiv zu begegnen und unserem genossenschaftlichen Auftrag nachzukommen. Und im Übrigen: Gegenüber dem Vorjahr haben wir 510 neue Genossenschaftsmitglieder. Wir freuen uns auch über diese positive Entwicklung und heißen die Neuen herzlich willkommen.

Quelle: Mitgliedermagazin

Das Interview führte Martina Vogel (Projektkommunikation Hagenau)