Potsdams soziale Wohnungswirtschaft für Stabilität und Bezahlbarkeit in Zeiten der Energiepreissteigerungen

„Wie kommen die Mieter durch die Energiekrise?“, fragte die MAZ in ihrer Ausgabe vom 6. März 2023. Für die Recherchen hat die Zeitung beim Arbeitskreis Stadtspuren angefragt.

Foto: ri/Pixabay

Den MAZ-Artikel finden Sie hier.

Die Stellungnahme des Arbeitskreises auf die Preeseanfrage haben wir im Folgenden für Sie zusammengefasst.

Höherer Aufwand und Sicherung der Liquidität der soziale Wohnungswirtschaft

Verwaltungs- und Beratungsaufwand: Die aufgrund der Energiekrise erlassenen Bestimmungen und auch die eigens vorgenommenen Gegenmaßnahmen zur Bewältigung der Energiekrise führen zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand. Dazu zählt, dass die soziale Wohnungswirtschaft auf sich in kurzen Abständen ändernden Vorgaben reagieren musste. Vornehmlich wurden organisatorische Abläufe verändert, um den Vorgaben gerecht zu werden. Gestiegen ist aber auch der Aufwand zur Beratung der Mitglieder*innen und Mieter*innen und zur Erfüllung der Informationspflichten. Der dargestellte Mehraufwand ist gerade für kleinere Genossenschaften eine große Herausforderung.

Sicherung der Liquidität: Da die soziale Wohnungswirtschaft die Lieferungen der EWP wie auch alle anderen Betriebskosten unterjährig bezahlen müssen, müssen sie Vorsorge treffen, um jederzeit die aktuellen Rechnungen und Abschlagszahlungen bedienen zu können. Daher sind Maßnahmen notwendig, um die Zahlungsfähigkeit der Wohnungsunternehmen – auch im Falle unvorhersehbarer Kostenexplosionen – zu sichern.

Angesichts nicht absehbarer Risiken bleibt die Sicherung der Liquidität eine permanente Aufgabe. Bereits im Sommer 2022 hat der Arbeitskreis darauf hingewiesen, dass die Bindung umfangreicher Mittel zu Veränderungen in der Investitionstätigkeit der Wohnungsunternehmen führen kann. Bislang kam es nicht zu Kürzungen von Investitionen und Abstrichen bei den Instandsetzungen. Gleichwohl werden gegenwärtig laufende Projekte insbesondere auf ihre Wirtschaftlichkeit und Machbarkeit geprüft. Hierbei spielt nicht nur die Sicherung der Liquidität eine Rolle, ebenso erfordern die Entwicklung der Bau- und Finanzierungskosten derartige Betrachtungen.

 

Zusammenarbeit stärken und informieren

Zusammenarbeit mit der EWP und der LHP: Im Zusammenhang mit den Entlastungspaketen des Bundes, wie Energiepreisbremse, Kostendeckel und Wohngeld, stehen die Unternehmen des Arbeitskreises im engen Austausch mit der EWP und der LHP. Der Austausch erfolgt auch zu den Themen Kommunikation und Vorgehen in eventuellen Fällen einer Gasmangellage.

Kommunikation: Die Wohnungsunternehmen im Arbeitskreis StadtSpuren haben ihre Kommunikation mit den Mitglieder*innen und Mieter*innen ausgerichtet auf die Bewältigung der Situation: In den Magazinen werden über die Maßnahmen der Unternehmen zur Energieeinsparung berichtet und Tipps für sparsames Verhalten angeboten, ebenso über das richtige Verhalten bei Energieausfällen. Informiert wird über die Hilfspakete der Bundesregierung, die öffentlichen Hilfen in Notlagen und das Wohngeld. Einige Genossenschaften bieten derartige Informationen auch im Internet. Weitere Informationen finden Sie auch hier, auf die vor allem die kleinen Genossenschaften verweisen.

Zur Anwendung kommen auch spezifische Formate, so hat die Wohnungsgenossenschaft Karl Marx Potsdam am 12. November 2022 die gewählten Vertreter der Genossenschaft im Rahmen einer „WERKSTATT“ u.a. über die Sparstrategie der Genossenschaft, die Sensibilisierung für das richtige Heizverhalten und über die Vorauszahlungsanpassungen informierte.

 

Stabilität und Bezahlbarkeit in Zeiten der Energiepreissteigerungen

Versorgungssicherheit und Preisstabilität: Schon im Juli 2022 haben die Unternehmen des Arbeitskreises mit der Energie und Wasser Potsdam GmbH Lieferverträge für Strom, Gas und Fernwärme für die Jahre 2023 und 2024 geschlossen. Sie fixieren für die Vertragslaufzeiten stabile Preise, so dass die Endverbraucher vor unangenehmen Überraschungen geschützt sind.

Anpassung der Vorauszahlungen: Die erhöhten Vorauszahlungen haben das Ziel, die voraussichtlichen Mehrkosten für Energie und andere Betriebskostenarten abzufangen und hohe Nachzahlungen zu vermeiden. Dabei registrieren die Genossenschaften eine hohe Akzeptanz. So nutzen zahlreiche Haushalte die Möglichkeit, die Vorauszahlungen freiwillig zu erhöhen. Bei der zusätzlichen Anpassung der Vorauszahlungen, die die Wohnungsgenossenschaft Karl Marx Potsdam eG im Oktober 2022 vorgenommen hat, kamen auf die rund 6.600 versandten Anpassungserklärungen lediglich zwölf Widersprüche. Weitere Informationen finden Sie hier.

Optimierung der Heizungsanlagen und Heizungseinstellungen: Schon ab dem frühen Sommer wurden in allen Wohnungsunternehmen Maßnahmen ergriffen, um ein möglichst effizientes Funktionieren der Technik zu sicher zu stellen. Mehrheitlich erfolgte eine Absenkung der Heizkurven (Vorlauftemperaturen) in den Hausanschlussstationen. Zudem wurden Gebäude identifiziert, die Mehrverbraucher gegenüber anderen vergleichbaren Gebäuden im Bestand sind, um dort mittelfristig eine Optimierung des Heizungssystems vorzunehmen. Langfristig werden Verbesserungsmöglichkeiten auch an anderen Bauteilen der identifizierten Gebäude in den Blick genommen. Es erfolgt eine Reduktion des Stromverbrauchs in den Gebäuden beispielsweise durch eine schrittweise Neueinstellung der Beleuchtung in der Dämmerungsschaltung.

 

Rückmeldungen aus der Mieterschaft

Die Befürchtungen, es würden zu massenhaften Zahlungsschwierigkeiten kommen, haben sich glücklicherweise bisher nicht bestätigt. Die Unternehmen im Arbeitskreis verzeichnen bisher keine oder nur wenige Fälle von Zahlungsschwierigkeiten der Nutzer*innen, die speziell auf die Situation im Bereich der Energieversorgung zurückzuführen sind.

Wir gehen davon aus, dass sich Probleme bei der Bewältigung der gestiegenen Kosten durch Rückstände in den Zahlungen der Miete oder des Nutzungsentgeltes (Grundnutzungsentgelt und Vorauszahlungen) und auch in den Nachzahlungen aus Betriebskostenabrechnungen bemerkbar machen würden. Derzeitig bestehen beim Nutzungsentgelt keine signifikanten Steigerungen der Anzahl der Fälle von Zahlungsrückständen gegenüber der Anzahl zur Zeit vor der Energiekrise.

Der Umstand, dass maßgeblich erhebliche wohnungsbezogene Energiepreissteigerungen erst mit der Erhöhung der Vorauszahlungen ab Januar 2023 wirken, lässt Zahlungsverzüge in den letzten fünf Monaten nicht auf wohnungsbezogene Energiepreissteigerungen zurückführen. Jedenfalls geben die uns vorliegenden Zahlen für die letzten fünf Monate ab September 2022 bis einschließlich dato im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr keinen Anlass für eine derartige Annahme:

Die außerordentliche Anpassung der Vorauszahlungen erfolgte mit Wirkung zu Januar 2023. Auch hier ist keine deutlich signifikant erhöhte Anzahl von säumigen Nutzer*innen mit den Vorauszahlungen im Verhältnis zu in der Vergangenheit erfolgten Anpassungen von Vorauszahlungen ersichtlich. Nicht auszuschließen ist, dass eine gewisse Anzahl von säumigen Nutzer*innen derzeit daraus resultiert, dass zuständige Behörden die erhöhten Vorauszahlungen wegen einer Überlastung noch nicht zur Zahlung übernommen haben.

 

Lösungen auf Augenhöhe

Zunächst gilt der Appell an alle Anwohner*innen, sich bei Zahlungsschwierigkeiten an ihre jeweiliges Wohnungsunternehmen zur weiteren Beratung zu melden.

Allen Haushalten, welche in Zahlungsschwierigkeiten kommen sollten, werden grundsätzlich persönliche Beratungsgespräche angeboten. Je nach Situation können so individuelle Lösungen gefunden werden. In manchen Fällen kann dies eine Ratenzahlung bzw. Stundung in Zusammenhang mit einer späteren Ratenzahlung bedeuten. Wir haben betroffene Nutzer*innen und Mieter*innen schon in der Vergangenheit unterstützt, indem wir z. B. Schnittstellen zu Ämtern geschaffen oder Ratenzahlung bzw. Stundung vereinbart haben.

Zusätzlich wird über die Hilfsangebote der öffentlichen Hand informiert und Beratungskontakte, beispielsweise bei den Ämtern, vermittelt.

Bei den individuellen Lösungen geht es immer um „maßgeschneiderte“ Lösungen, mit dem Ziel, dem Mitglied oder der Mieter*in die weitere Nutzung der Wohnung zu sichern. Dabei muss die Lösung dem aktuellen finanziellen Problem des betroffenen Mitglieds oder der Mieter*in gleichermaßen entsprechen wie dessen absehbaren wirtschaftlichen Möglichkeiten.

Die meisten Wohnungsunternehmen pflegen auch eine aktive Herangehensweise: Im Falle von Zahlungsrückständen werden die Mitglieder*innen und Mieter*innen (per E-Mail, telefonisch oder auch vor Ort) angesprochen, um zeitnah weiteren Zahlungsverzügen gegensteuern zu können.

 

Keine Räumungen oder Kündigungen aufgrund der Energiepreissteigerungen

Grundsätzlich gilt, dass Kündigungen oder Räumungen durch die Wohnungsunternehmen die Ausnahme im Alltag des Unternehmens darstellen.

Die Zahl der Fälle 2022 entspricht der Fallzahl des Jahres 2021. Hier sind keine Steigerungsraten auszumachen. Keine der in den letzten Monaten vorgenommenen Kündigungen oder Räumungen erfolgten in einem Zusammenhang mit der Energiekrise bzw. daraus resultierenden Zahlungsschwierigkeiten.

Nach dem Potsdamer Aktionsplan setzt die ProPotsdam Räumungen wegen Mietrückständen durch hohe Wärmepreise bis zum 30. Juni 2024 aus.

 

Ausblick 2023

Betriebskostenabrechnung für 2023: Abzuwarten bleibt, mit welchen Ergebnissen die Betriebskostenabrechnungen für 2023 – sie wird im Jahre 2024 erstellt –  ausfallen.

Die Unternehmen des Arbeitskreises haben die Anpassung der Vorauszahlungen in 2022 im gesetzlich möglichen Rahmen vorbereitet. Einige Unternehmen haben zudem freiwillige Anpassungen ermöglicht. Damit wurden die möglichen Voraussetzungen für ausgeglichene Abrechnungsergebnisse geschaffen.

Auch die stabilen Preise für Fernwärme und Erdgas für die Abrechnungszeiträume 2023 und 2024, die die Unternehmen des Arbeitskreises mit der EWP im Juli 2022 ausgehandelt haben, und zusätzlich die staatlichen Hilfen geben Planungssicherheit und verringern das Risiko außerordentlich hoher Nachzahlungsforderungen.

Folgen der allgemeinen wirtschaftlichen Lage: Es ist nicht absehbar, inwieweit gestiegene Energiepreiskosten in den Lebensbereichen außerhalb der Wohnung und allgemeine Preissteigerungen zu finanziellen Engpässen führen, die letztlich zu Zahlungsausfällen beim Nutzungsentgelt führen.

Verwaltungsaufwand: Wir setzen auf Planung und Steuerung unter Abwägung der möglichen Risiken: niemand weiß heute, welche neuen gesetzlichen Vorgaben in den Monaten umzusetzen sind. Wichtig ist uns, dass die Mitgliedsunternehmen miteinander und gemeinsam im Gespräch mit den Versorgern und der Landeshauptstadt sind. Unsere Erwartungshaltung ist, dass zuverlässige, kalkulierbare und stabile Preisentwicklungen für unsere Mieter*innen erreicht werden.