Benedikt Nowak, Justiziar der WG „Karl Marx“, erklärt die Differenzierung im genossenschaftlichen Wohnen.

Gegen seine Grundentgelterhöhung von Januar 2024 wendete ein Nutzer ein, dass er dieser nicht zustimmen müsse, weil er kein Mieter, sondern vielmehr ein Nutzer sei. Für Nutzer sei ein „Mietspiegel“, auf den sich die Erhöhungserklärung stützt, nicht maßgeblich. Dieser Einwand wirkt spitzfindig, ist aber falsch und soll uns als Anlass für eine Klärung dienen.
Also was nun, sind unsere wohnenden Mitglieder Nutzer oder etwa Mieter? Antwort: Sie sind beides. Sie sind sowohl Nutzer als auch Mieter. Und je nachdem, wo inhaltlich oder in der Kommunikation mit ihnen gerade der Schwerpunkt liegt, sind sie Nutzer, wenn der genossenschaftliche Aspekt im Vordergrund steht, oder eben Mieter, wenn der mietrechtliche Aspekt dominiert.
Es gibt Situationen, in denen es selbst in einer Genossenschaft nicht nur geboten, sondern notwendig ist, den mietrechtlichen Terminus zu verwenden. Das ist bei unseren Grundentgelterhöhungen der Fall, in deren Schreiben wir bereits im ersten Satz klarstellen, dass das zur Erhöhung verlangte „Grundentgelt“ nichts anderes als die Kaltmiete – genau genommen die Nettokaltmiete – ist.
Und damit ist dann auch der Potsdamer Mietspiegel für die Begründungen maßgeblich, die aus mietrechtlicher Sicht „Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete“ gem. § 558 BGB sind. In den Potsdamer Mietspiegel sind auch die Nettokaltmieten unserer Wohnungen als Daten eingeflossen, die letzten Endes auch auf dem freien Wohnungsmarkt günstigen Einfluss auf Mieterhöhungen und die Ermittlung der Mietpreisbremse im Interesse der Mieter haben.
In den letzten Jahrzehnten konnten sich Mietspiegel aufgrund ihrer Transparenz und Akzeptanz bei Mietern und Vermietern bundesweit etablieren. Der Gesetzgeber unterstützt diese Entwicklung und setzte 2022 bundesweite Vorschriften in Kraft, die Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern die Erstellung eines Mietspiegels vorschreiben sowie die Rahmenbedingungen dafür festlegen.
Ein qualifizierter Mietspiegel, wie er nun wiederholt mit dem Mietspiegel 2024 der Stadt Potsdam vorliegt, enthält eine Vermutungswirkung, dass die darin angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben. Diese Vermutungswirkung ergibt sich aus der Erstellung des Mietspiegels nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden und aus der Anerkennung durch die einschlägigen Interessenvertreter der Mieter und Vermieter, wie auch der Karl Marx.
In kleinen Gemeinden ohne Mietspiegel greifen Vermieter bei Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete oftmals auf das vom Gesetz ebenso erlaubte einfache Begründungsmittel der Angabe von drei Vergleichswohnungen zurück. Es liegt auf der Hand, dass derart begründete Mieterhöhungen bei betroffenen Mietern eher Fragen zur Berechtigung der Erhöhung aufwerfen, mitunter Misstrauen säen und hierdurch den Fortgang des Mietverhältnisses überschatten.
Quelle: KM Magazin