Verbände kommentieren Abschlussbilanz der Ampel-Regierung bei Wohngipfel

Am 5. Dezember fand die nicht-öffentliche Abschlusskonferenz des „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ unter der Leitung von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) statt. Branchenverbände und Akteure der Zivilgesellschaft forderten Medienberichten zufolge eine stärkere Priorisierung des bezahlbaren Wohnungsbaus. Wir dokumentieren von ihnen veröffentlichte Statements.
GdW: Baukosten müssen runter, Genehmigungen schneller erteilt werden
„In den vergangenen drei Jahren hat man eines deutlich gespürt: Der Wille war von allen Seiten da“, urteilt Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. „Häufig waren der Bauministerin aber die Hände gebunden, da das Ministerium nicht mit den nötigen Mitteln ausgestattet war. Und zur Wahrheit gehört auch, dass vieles einfach zu lange gedauert hat. So finden wir uns nun in einer Situation wieder, in der wichtige Maßnahmen wie die Novelle des Baugesetzbuchs und der Gebäudetyp E in der Schwebe sind und nicht final umgesetzt werden konnten. Wir hoffen, dass die nächste Regierung – wie sie auch aussehen mag – diese Vorhaben zügig angeht und umsetzt.
Ein besonderes Lob gebührt den Ländern, die ihre Landesbauordnungen bereits angepasst haben, um den Bau von bezahlbarem Wohnraum zu erleichtern. Diese Schritte zeigen, wie wichtig und wirksam entschlossenes Handeln auf regionaler Ebene ist.
Angesichts des massiven Wohnraummangels muss bezahlbarer Wohnungsneubau auch auf Bundesebene schleunigst wieder im erforderlichen Umfang ermöglicht werden. Dafür sind mehrere Maßnahmen unabdingbar: Die Baukosten müssen runter, Standards dürfen nicht weiter verschärft, Genehmigungsverfahren müssen beschleunigt und Fördermittel gezielt auf das bezahlbare Wohnsegment ausgerichtet werden. Diesem Segment muss zudem absoluter Vorrang eingeräumt werden.
Der Bau von bezahlbarem Wohnraum mit Mietobergrenzen muss in Gebieten mit Wohnraummangel als ‚überragendes öffentliches Interesse’ behandelt werden. Das Baugesetzbuch muss letztlich so gestaltet werden, dass das Bauen von Wohnungen gegenüber anderen Belangen im Vordergrund steht. Deutschland braucht einen echten Bau-Turbo. Deshalb ist eine Sonderregelung für den Wohnungsbau – konkret § 246e BauGB-E – zu begrüßen und sollte schnellstmöglich vorangebracht werden.
Ein weiterer Aspekt, der nicht vernachlässigt werden darf, ist die Rolle der Wohnungsunternehmen als Bestandshalter. Sie stehen vor der Herausforderung, ihre Investitionen gezielt einzusetzen, und konzentrieren sich daher zunehmend auf die Transformation ihrer Bestände. Und dabei befinden wir uns politisch aktuell auf einem Holzweg. Wir brauchen dringend einen Kurswechsel in der Gebäude-Klimapolitik. Die politische Rahmensetzung muss so gestaltet werden, dass sie praktikable und wirtschaftlich tragfähige Lösungen zur CO2-Reduktion ermöglicht, anstatt auf immer teurere Effizienzsteigerungen zu setzen, die sich als der kostspieligste Weg zur Erreichung der Klimaziele erweisen.
Denn die neue Regierung wird ebenfalls vor dem Problem stehen, dass schlicht kein Geld vorhanden ist. Deshalb sollten wir das vorhandene Geld bestmöglich für bezahlbares Wohnen nutzen und nicht in überhöhte Effizienzanforderungen an Gebäude stecken.
Für die kommende Legislaturperiode fordert der GdW ein eigenständiges Bauministerium mit klaren Kompetenzen, das sowohl Neubau als auch Bestandsentwicklung unter einem Dach vereint. Nur so lassen sich die enormen Herausforderungen effektiv bewältigen.“
Deutscher Mieterbund: Ampel-Bilanz ernüchternd
„Die wohnungs- und mietenpolitische Bilanz der letzten drei Jahre ist ausgesprochen schlecht. Zentrale Vorhaben des Koalitionsvertrags für mehr Mieterschutz hat die Bundesregierung einfach nicht umgesetzt, obwohl mehr als die Hälfte aller Haushalte in Deutschland zur Miete wohnen. Unterdessen gewinnt die Wohnungskrise weiter an Dynamik: Steigende Mieten, hohe Immobilienpreise, unzureichender Neubau und keine Besserung in Sicht“, kritisiert der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten.
„Die Lage auf dem Wohnungsmarkt hat sich in den letzten drei Jahren deutlich verschärft. Die Ampel hat nicht nur ihren eigenen Koalitionsvertrag für Mieter nicht umgesetzt, sondern auch große Baustellen für die kommende Legislaturperiode hinterlassen. Die Mietpreisbremse steht vor dem Aus, in einigen Bundesländern bereits im 1. Halbjahr 2025. Der Schutz vor Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen ist bis Ende 2025 befristet, die geplante Verlängerung im Baugesetzbuch wurde nach dem Ampel-Aus gestoppt. Der Bestand an bezahlbaren Sozialwohnungen ist mit einer Million am absoluten Tiefpunkt, genau wie die Zahl der Baugenehmigungen. Das wohnungspolitische Erbe der Ampel hat daher Auswirkungen auf die kommende Wahlperiode. Das Thema Wohnungs- und Mietenpolitik muss ganz nach oben auf die politische Agenda im Wahljahr 2025, ansonsten drohen uns massive soziale Verwerfungen“, fordert Siebenkotten.
Laut Medienberichten plant die Bundesregierung die Verlängerung der Mietpreisbremse zeitnah ins Kabinett zu bringen: „Wir begrüßen die Ankündigung von Frau Ministerin Geywitz sehr, wonach die Mietpreisbremse kurzfristig ins Kabinett gebracht werden soll. Allerdings fehlt der Bundesregierung leider die nötige Mehrheit im Bundestag, um das Gesetz zu verabschieden. Wir können daher nur an alle Parlamentarier appellieren, den Wahlkampf außen vor zu lassen und die Möglichkeit zu nutzen, die Mietpreisbremse noch in dieser Legislaturperiode zu verlängern. Das wäre für den sozialen Zusammenhalt dieses Landes und alle Bürgerinnen und Bürger das Beste“, kommentiert Siebenkotten.
ZIA: Wohnungsbau muss auf Touren gebracht werden
Das Bündnis bezahlbarer Wohnraum hat aus Sicht des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) wichtige Impulse für den Wohnungsbau gesetzt. Von einem echten Durchbruch allerdings sei Deutschland noch weit entfernt. „Von diesem Bündnis wurden ambitionierte Ziele formuliert und erste Fortschritte erzielt“, kommentiert ZIA-Präsidentin Iris Schöberl die Lage. In Zusammenarbeit mit Bundesbauministerin Klara Geywitz seien wichtige Veränderungen „aufs Gleis gesetzt“ worden. „Jetzt aber kommt es darauf an, dass wir den Wohnungsbau als Ganzes wieder auf Touren bringen. Chronischer Wohnungsmangel hat nämlich das Potenzial, das soziale Klima in diesem Land regelrecht zu vergiften.“
Wegen überlanger Planungs- und Genehmigungszeiten, gestiegener Bau- und Finanzierungskosten sei „bezahlbarer Wohnungsbau kaum umzusetzen“, sagt Schöberl. Nach ZIA-Berechnungen beträgt die Kostenmiete – also der Betrag, den es braucht, um Bau- und Grundstückskosten zu refinanzieren – aktuell etwa 21 Euro pro Quadratmeter. „Das ist für viele Menschen einfach nicht bezahlbar.“
Steuerliche Erleichterungen durch bessere Abschreibung („degressive AfA“) plus die Programme „Klimafreundlicher Neubau” (KFN) und „Klimafreundlicher Neubau im Niedrigpreissegment” (KNN) hätten „Anstöße geliefert, um Investorinnen und Investoren zu motivieren“, so Schöberl.
Bundesbauministerin Klara Geywitz hätte „viel Energie eingesetzt, um durch konstruktiven Dialog im Bündnis etwas zu bewegen“.
Damit aber das Ziel von 400.000 Extra-Wohnung pro Jahr realistisch werde, brauche es künftig „mehr politischen Mut, um Abschied vom baupolitischen Mikromanagement zu nehmen“. Denn: Nicht höhere Materialpreise, sondern auch wachsende Anforderungen durch DIN-Normen und Vorgaben zur Energieeffizienz treiben die Baupreise nach oben.