Weg von der Gemeinschaftsunterkunft, hin zu eigenen Rückzugsorten

Stadt stellt Konzept zur Unterbringung von Geflüchteten in eigenen Wohnungen oder wohnungsähnlicher Form vor / Zusammenarbeit unter anderem mit der ProPotsdam

Die Landeshauptstadt Potsdam hat am gestrigen Mittwoch ein Konzept vorgestellt, wie in Zukunft für alle Geflüchteten unabhängig vom Schutzstatus eine Unterbringung in eigenen Wohnungen oder in Gemeinschaftsunterkünften mit wohnungsähnlicher Form möglich wird. Grundlage für die Entwicklung des Konzeptes sind der Beschluss der Stadtverordneten aus Ihrer Sitzung im Juni sowie die Corona-Pandemie.

„Das Konzept ist ein wichtiger Meilenstein für eine gelingende Integration in der Landeshauptstadt Potsdam“, sagte Potsdams Sozialbeigeordnete Brigitte Meier. „Fünf Jahre nach dem Satz der Kanzlerin „Wir schaffen das“ wissen wir umso mehr, wie wichtig eine dezentrale Unterbringung für die Geflüchteten, ihr Ankommen in unserer Gesellschaft und nicht zuletzt für den eigenen Familienzusammenhalt ist. Insbesondere Kinder brauchen ein ruhiges Wohnumfeld und Rückzugsorte mit ihren Familien“, so Meier. Auch die aufkommende Pandemie habe bei der Entscheidung, den Maßnahme- und Zeitplan jetzt zügig umzusetzen eine gewichtige Rolle gespielt. „Von Beginn der Epidemie an haben wir mit Sorge auf die Gemeinschaftseinrichtungen geblickt. Teilen sich eine Vielzahl von Menschen aus verschiedenen Haushalten Küche und Bad, ist des Übertragungsrisiko durchaus erhöht“, so Meier. „Das Risiko eines Ausbruchs unter einer Vielzahl Geflüchteter kann in wohnungsähnlicher Unterbringung mit getrennten Bäder- und Kücheneinheiten wesentlich verringert werden“, sagt die Beigeordnete.

Noch in diesem Jahr soll demnach eine Machbarkeitsstudie für die Gemeinschaftsunterkunft in Groß Glienicke in Auftrag gegeben und vorgelegt werden. Bis Ende März 2021 sollen Machbarkeitsstudien über die Unterkünfte in Marquardt, der Zeppelinstraße und der David-Gilly-Straße beauftragt werden. Die Unterkünfte Konsumhof, Handelshof und Hegelallee sollen langfristig nicht erhalten bleiben, hier wird über Neuanmietungen nachgedacht.

„Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfüllen wir mit knapp der Hälfte unserer Unterkünfte bereits die Kriterien wohnungsähnlicher Unterbringung“, sagt Katja Fisch, stellvertretende Fachbereichsleitung Wohnen. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt entsprechen allerding 56 Prozent der Plätze in Gemeinschaftsunterkünften nicht den Vorgaben einer eigenen Wohnung beziehungsweise wohnungsähnlichen Unterbringung. Das Konzept ist ambitioniert, auch in Potsdam ist der Wohnungsmarkt sehr angespannt. Eine wesentliche Veränderung der Unterbringung kann nur durch Neuanmietung von Objekten, Umbau vorhandener Objekte oder einen Neubau erreicht werden. Dies bedarf Zeit“, so Fisch.

Der vorliegende Maßnahme- und Zeitplan wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Migrantenbeirat, der Beauftragten für Integration und Migration der Landeshauptstadt Potsdam, der Ausländerbehörde, aber auch den Trägern der Gemeinschaftsunterkünfte entwickelt. Konkret ist geplant, sowohl bei der städtischen Wohnungsgesellschaft ProPotsdam als auch bei privaten Anbietern Wohnungsverbünde anzumieten und bestehende Gemeinschaftsunterkünfte umzubauen. Bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt soll durch Umverlegungen innerhalb der vorhandenen Unterkünfte eine Unterbringung Alleinstehender in Einzelzimmer und Familien zumindest in wohnungsähnlichen Unterkünften mit eigenem Badezimmer und Küche ermöglicht werden.

Das Konzept beruht auf dem jüngst von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Auftrag an den Oberbürgermeister (Beschluss 20/SVV/0518). Danach soll die Landeshauptstadt Potsdam einen Maßnahme- und Zeitplan erarbeiten, um alle Flüchtlinge in eigene Wohnungen oder in Gemeinschaftsunterkünften (GU) unterzubringen, in denen die Unterbringung in wohnungsähnlicher Form möglich ist. Wohnungsähnlich ist die Unterbringung in einer GU dann, wenn sie eigene Wohnbereiche vorsieht, in denen Wohnräume, Bäder und Küchen nicht mit haushaltsfremden Personen geteilt werden müssen.

MAZ und PNN berichten in ihren heutigen Ausgaben über das vorgestellte Konzept und gehen beide darauf ein, dass man hierzu im Gespräch mit der ProPotsdam sei beziehungsweise gemeinsam an einem Konzept arbeite. Laut MAZ werde „die Überbauung von Autoparkplätzen mit Objekten“ in Erwägung gezogen, „in denen entweder nur Flüchtlingswohnungen untergebracht sind oder aufgangsweise mit Wohnungen für den Bedarf deutscher Staatsbürger gemischt wird.“ Die neu zu bauenden Wohnungen würden einen auf den Bedarf von großen Flüchtlingsfamilien zugeschnittenen Grundriss haben. Vorgesehen seien große Wohnküchen und mehreren kleinen Zimmern – ein Wohnungstyp, der „normalerweise im sozialen Wohnungsbau so nicht geplant“ sei, heißt es dazu in den PNN. Diese „kompakten Wohnungen“ könnten aber auch als Angebot für Obdachlose oder Frauen aus Frauenhäusern genutzt werden. Neuer Wohnraum solle durch „Nachverdichtung in den bestehenden Quartieren in der ganzen Stadt“ geschaffen werden. Laut MAZ suche die Stadt nach Wohnungsreserven aber „nicht nur bei der Pro Potsdam und den Wohnungsgenossenschaften“, sondern auch bei privaten Anbietern, etwa indem nur zeitweise genutzte, „pensionsähnliche Mietwohnungen“ für die dauerverhafte Vermietung an Geflüchtete bereitgestellt werden.

Den Artikel der PNN können Sie hier lesen, den Text der MAZ finden Sie hier (MAZ+).

Quellen: Bereich Presse und Kommunikation der Landeshauptstadt Potsdam; MAZ & PNN, Ausgaben vom 27. August 2020