„Was Deutschland braucht, ist Verlässlichkeit“

Reaktionen vom Mieterbund und aus Bau- und Immobilienwirtschaft zum Ampel-Aus

Iris Schöberl, Präsidentin des Zentralen Immobilien Ausschusses. Foto: Laurence Chaperon

Der am 6. November vollzogene Bruch der Bundeskoalition aus SPD, Bündnis 90/Grünen droht zuvor beschlossene Gesetzesvorhaben zum Scheitern zu bringen. Wir haben Reaktionen gesammelt.

GdW: „Schnell Verlässlichkeit wiederherstellen“

„Mit Blick auf die riesigen Herausforderungen rund um das bezahlbare Wohnen kann sich Deutschland keine lange Phase der Unsicherheit erlauben“, erklärt Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. „Der Wohnungsmangel muss schnell und nachhaltig bekämpft, die Klimaziele klug und bezahlbar angesteuert und strukturschwache Regionen attraktiver gemacht werden. Zudem muss das Wohnen durch altersgerechten Umbau und digitale Ausstattung der Gebäude fit für die Zukunft gemacht werden. Das alles muss geplant und vor allem finanziert werden können.

Deshalb gilt: Je eher die Vertrauensfrage gestellt wird und damit der Weg für Neuwahlen und dann eine hoffentlich stabile Regierung geebnet wird, desto besser ist es für alle zu treffenden Investitionsentscheidungen. Die sozial orientierten Wohnungsunternehmen brauchen für ihre langfristigen Planungen Klarheit über die entsprechenden Rahmenbedingungen. Was Deutschland deshalb vor allem braucht, ist Verlässlichkeit und zwar schnell.“

ZIA: „Kollektiver Stillstand verbietet sich“

Der Zentrale Immobilien Ausschuss warnt davor, laufende politische Vorhaben auf Stopp zu setzen. „Bei drängenden Themen wie Wohnen, Innenstadtentwicklung und einer klugen Klimapolitik kann sich Deutschland definitiv keine Auszeit erlauben“, warnt ZIA-Präsidentin Iris Schöberl. Sie betont: „In dieser angespannten Lage des Landes verbietet sich kollektiver Stillstand.“ Starke Signale an die Wirtschaft seien aktuell wichtiger denn je.

Auch wenn Deutschland für einige Monate von einer Minderheitsregierung geführt wird, sei es aus Sicht der Immobilienbranche wichtig, dass Schlüsselthemen verlässlich fortgesetzt werden. „Ernste Probleme werden nicht durch einen Wahltermin weniger drängend. Antworten auf den immer größeren Wohnungsmangel sind eng verbunden mit dem Zusammenhalt in Deutschland. Den müssen wir in dieser angespannten Lage extra stärken“, analysiert die ZIA-Präsidentin. „Zeitverlust beim Lösen von Problemen erhöht die Gefahr, dass der Zusammenhalt bröckelt.“
Die Bundesregierung habe mit der Förderung über das KfW-Programm für klimafreundlichen Neubau im Niedrigpreissegment (KNN) und mit den geplanten Erleichterungen im Baugesetzbuch die „richtige Richtung eingeschlagen“. Jetzt gehe es darum, „diesen Kurs noch konsequenter fortzusetzen, damit Investoren, die gern mehr Wohnraum schaffen wollen, ihren Wunsch auch in die Tat umsetzen.“ Förderprogramme müssten möglichst „gebündelt und besser verzahnt werden“.

Um die energetische Sanierung der Gebäude voranzutreiben, brauche es die Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF). „Es wäre verantwortungslos, faktisch schon getroffenen Zusagen auch für das Jahr 2025 jetzt aufzukündigen“, sagt Schöberl. Das Land verliere ohnehin gerade ökonomisch an Boden. „Monatelange Ungewissheit wäre für die Wirtschaft brandgefährlich.“

ZDB: „Konjunktur nicht weiter abwürgen“

„Das Ampel-Aus darf nicht zu Lasten der weiter notwendigen Investitionsmaßnahmen gehen“, findet Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe. „Eine nun drohende vorläufige Haushaltsführung bedeutet weniger Sicherheit und Planbarkeit gerade für die Bahn und die Autobahn. Diese Unsicherheit trifft auch die baugewerblichen Unternehmen, die sich um den Ausbau und die Sanierung der Bahn, der Straßen und Brücken kümmern. Trotz Ampelchaos brauchen wir hier schnell Klarheit, damit weiter geplant und gebaut werden kann. Nichts schadet einer Investitionsbranche wie der Bauwirtschaft mehr als unklare Rahmenbedingungen.

Auch der ohnehin schon angeschlagene Wohnungsbau ist darauf angewiesen. Die Menschen, die bauen wollen und Förderungen dafür benötigen, dürfen nicht enttäuscht werden. In Zeiten großer Wohnungsnot hätte jeder weitere Förderstopp fatale Auswirkungen. Wir haben das Förderchaos 2022 erlebt und die Folgen spüren wir heute noch. Die Konjunktur darf insgesamt auf keinen Fall noch weiter abgewürgt werden. Je früher Klarheit herrscht, umso besser. Wenn das nicht gelingen sollte, sind frühere Neuwahlen, die ja möglich sind, der bessere Weg für einen schnellen Neustart.“

Deutscher Mieterbund: „Mietbremse schnellstmöglich verlängern“

„Die Umsetzung wichtiger mietrechtlicher Gesetzesvorhaben, wie die Verlängerung der Mietpreisbremse, dürfen jetzt nicht in Vergessenheit geraten“, mahnt der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten. „Wir appellieren eindringlich an die verbliebene Regierung und den Deutschen Bundestag, die dringend benötigten Reformen für verbesserten Mieterschutz noch in diesem Jahr auf den Weg zu bringen und insbesondere die Mietpreisbremse schnellstmöglich zu verlängern.“

In nahezu allen Bundesländern, in denen die Mietpreisbremse gelte, laufe diese im Laufe des kommenden Jahres aus. Ohne die Verlängerung auf Bundesebene könnten die Landesregierungen keine neuen Mietpreisbremsenverordnungen in ihren Bundesländern erlassen. „Es wäre in keiner Weise zumutbar, wenn in Ländern wie Berlin, Hamburg oder Bayern, sowie in allen anderen stark nachgefragten Regionen, keinerlei Begrenzung der Miete bei Anmietung einer neuen Wohnung mehr existieren würde. Die Menschen wären denjenigen Vermieterinnen und Vermietern, die ausschließlich profitorientiert handeln, schutzlos ausgeliefert. Dies kann nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sein. Die Abgeordneten sollten vielmehr jetzt die Chance ergreifen, die verbliebenen Koalitionspartner SPD und B90/DIE GRÜNEN in ihrem bis dato durch die FDP blockierten Bestreben nach verbessertem Mieterschutz zu unterstützen, und schnellstmöglich den Weg wenigstens für die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten mietrechtlichen Reformen freimachen.“

Neben der Verlängerung der Mietpreisbremse warten laut Deutschem Mieterbund sowohl die Absenkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen im Bestand von derzeit 15 auf 11 Prozent als auch der Ausschluss der Möglichkeit zur Kündigung nach vollständiger Begleichung aller Mietschulden (sog. Schonfristzahlung), die Wiederherstellung des Vorkaufsrechts und die Verbesserung des Nebenkostenrechts für Mieterinnen und Mieter auf Umsetzung.