Wachsende Kluft zwischen starken und schwachen Kommunen

Bertelsmann Stiftung veröffentlicht Kommunalen Finanzreport 2019

Deutschlandweit haben die Kommunen das erste Mal seit der Wiedervereinigung 2017 insgesamt im Plus gelegen, schreibt die Bertelsmann Stiftung. Erneut sei ein Plus auch im Jahr 2018 erzielt worden. Die Gesamtwerte der Bundesrepublik wiesen neue Rekordwerte bei Steuereinnahmen und Rücklagen auf, heißt es.

Allerdings zeige der Finanzreport 2019, dass es ein wachsendes Gefälle zwischen den Kommunen gebe. Untersucht worden seien unter anderem Steuereinnahmen, Investitionen, Rücklagen und Verschuldung der Kommunen. Dabei sollen regionale Auffälligkeiten festgestellt worden sein. Kommunen in Bayern und Baden-Württemberg würden überdurchschnittlich gut dastehen, während hingegen die wirtschaftliche Lage in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland Sorgen bereiten würde.

Dies ließe sich beispielsweise Anhand der Steuereinnahmen erkennen. Während es bundesweit seit 2012 außerordentlich stabile Werte gebe, zeige sich zunehmend eine Verschärfung regionaler Unterschiede ab. Aus dem Bericht gehe hervor, dass ostdeutsche Kommunen durchschnittlich lediglich 61 Prozent des westdeutschen Niveaus erreichen: „Von den 40 steuerstärksten Kommunen liegen 39 in Westdeutschland; von den 40 schwächsten Kommunen 35 in Ostdeutschland.“ Die Einnahmen der Gemeindesteuern resultiere fast vollständig aus der Wirtschaftsstruktur, heißt es. Das würde das Aufholen schwacher Kommunen erschweren. Hinzu komme, dass viele dieser Kommunen in den vergangenen Jahren ihre Steuersätze anheben mussten. Das würde zu einem Stadtortnachteil führen, erklärt René Geißler, Experte für Kommunalfinanzen der Bertelsmann Stiftung.

Auch die Untersuchungen der Rücklagen zeige ein ähnliches Ergebnis auf. Bundesweit seien die Überschüsse auf 48 Milliarden Euro gestiegen. Bei der regionalen Betrachtung hingegen fänden sich erhebliche Unterschiede, die sich über die Zeit verfestigen. Geißler betont in diesem Zusammenhang, dass „der Blick auf die Rücklagen die tatsächlichen Differenzen zwischen starken und schwachen Regionen überhaupt erst aufdeckt. Sie sind noch größer, als angenommen“.

Wie aus dem Bericht hervorgehe, zeigten sich ähnliche Ergebnisse bei der Untersuchung der Kassenkredite, wobei die Verschuldung besonders hoch in den Ländern Saarland, Rheinland-Pfalz und NRW liege.

Ein weiterer Teil des Finanzberichts vergleiche die jeweils zehn stärksten und schwächsten Städte anhand ihrer Haushaltszahlen. Das Ergebnis sei eindeutig: Schwache Städte wiesen geringere Steuereinnahmen, höhere Sozialausgaben, langjährige Defizite, drastische Kassenkredite und kaum Rücklagen auf. Weiter heißt es, dass Sanierungserfolge der zurückliegenden Jahre durch weitere Erhöhungen der Steuersätze und noch geringere Investitionen teuer erkauft worden seien. Geißler sagt dazu: „Mit der Wirtschaftskraft der Städte driften auch die Lebensverhältnisse ihrer Einwohner immer mehr auseinander. Schwächere Kommunen haben auch das Problem, dass sie über keinen Puffer verfügen. Eine Abkühlung der Konjunktur reißt unmittelbar neue Löcher in die Haushalte und macht die vergangenen Bemühungen zunichte.“

Es zeichnet sich eine „Abkühlung der Konjunktur“ ab, heißt es weiter. Diese mindere das Wachstum der Steuereinnahmen, was zu weiteren Defiziten führen werde. Geißler empfehle den Landesregierungen, das Zeitfenster für den Abbau der Kassenkredite zu nutzen, dem Bund, dass er einen größeren Anteil der Hartz-IV-Kosten übernehme und dass generell ein stärkerer Fokus auf den wirtschaftsschwachen Regionen liegen solle.

Zuletzt verweist Geißler auf die Bund-Länder-Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse. Diese „bietet die Chance für eine ganzheitliche Strukturpolitik“, sagt er.

Den kommunalen Finanzreport 2019 können Sie hier nachlesen.

Quelle: Bertelsmann Stiftung