LHP: Quartiersbevölkerung soll vor Verdrängung geschützt werden

Die Landeshauptstadt Potsdam plant, für ein weiteres Gebiet im erweiterten Bereich der Innenstadt eine soziale Erhaltungssatzung zu erlassen. Das Gebiet umfasst die Brandenburger Vorstadt zwischen Schopenhauerstraße, Luisenplatz, Zeppelinstraße, Geschwister-Scholl-Straße und Park Sanssouci. Eine entsprechende Beschlussvorlage wird einer Pressemitteilung zufolge in die kommende Stadtverordnetenversammlung am 2. April eingebracht.
Das Quartier ist im Ergebnis des gesamtstädtischen Sozialraumscreenings als prioritäres Verdachtsgebiet identifiziert worden. Mit dem Erlass einer sozialen Erhaltungssatzung sollen unter anderem Modernisierungen sozial verträglich und behutsam umgesetzt werden, um die nachbarschaftliche Stabilität zu sichern und damit negative städtebauliche Folgen zu vermeiden.
„Die Landeshauptstadt hat sich das strategische Ziel gesetzt, einerseits bezahlbaren und bedarfsgerechten Wohnraum neu zu schaffen, andererseits den vorhandenen bezahlbaren und bedarfsgerechten Wohnraum zu erhalten“, wird Oberbürgermeister Mike Schubert in der Mitteilung zitiert. „Dabei haben wir als Kommune abseits unserer eigenen Wohnungen bei der kommunalen ProPotsdam nur geringe Möglichkeiten, Mietpreise des freien Marktes effizient so zu beeinflussen, dass sie sozialverträglich bleiben. Ein Instrument, um Einfluss auf die Dynamiken der Mietenentwicklung zu nehmen, ist die soziale Erhaltungssatzung. In den sozialen Erhaltungsgebieten müssen bauliche Veränderungen an bestehendem Wohnraum genehmigt werde, um gewachsene und lebendige Bewohnerstrukturen vor Verdrängungsprozessen zu schützen. Dies wollen wir nach den Satzungen Babelsberg Süd und Teltower Vorstadt Nord nun in einem dritten Stadtquartier anwenden.“
Brigitte Meier, Beigeordnete für Ordnung, Sicherheit, Soziales und Gesundheit, ergänzt: „Potsdam ist bereits stark segregiert. Das sorgt für ungleiche Lebensverhältnisse in den einzelnen Stadt- und Ortsteilen. Ein wichtiges Instrument, um einer weiteren sozialen Entmischung entgegenzutreten, sind soziale Erhaltungssatzungen. Geplant ist nun eine vertiefende sozialräumliche Untersuchung durch ein externes Büro in dem Quartier.“
Wesentlicher Inhalt der Untersuchung wird eine repräsentative Haushaltsbefragung sein. Dabei sind verschiedene Indikatoren kleinräumig zu erfassen und zu bewerten, wie zum Beispiel die Bewohner- und Haushaltsstruktur, die Miethöhe und die Mietbelastung, der Ausstattungszustand der Wohnung, die Bindung an das Quartier und die Nutzung der Infrastrukturen im Quartier. Je nach Ergebnis der Untersuchung kann noch eine Änderung der Gebietsabgrenzung vorgenommen werden. Sobald die Ergebnisse vorliegen und ausgewertet wurden, wird den politischen Gremien eine Beschlussvorlage zur weiteren Entscheidung über den Erlass einer Sozialen Erhaltungssatzung vorgelegt.
Hintergrund:
Die soziale Erhaltungssatzung ist ein städtebauliches Instrument aus dem Baugesetzbuch. Mit dem sozialen Erhaltungsrecht soll die Wohnbevölkerung in einem Erhaltungsgebiet vor Verdrängungsprozessen geschützt werden. Verdrängungsprozesse können vor allem durch bestimmte bauliche Modernisierungsmaßnahmen an Wohngebäuden und Wohnungen und den damit einhergehenden Mieterhöhungen durch die Umlage der Modernisierungskosten verursacht werden.
Zu solchen Maßnahmen zählen zum Beispiel:
• besonders aufwändige, wohnwerterhöhende Modernisierungsarbeiten,
• die Zusammenlegung oder Teilung von Wohnräumen/Wohnungen,
• die Umnutzung von Wohnungen in Gewerbe oder Ferienwohnungen,
• der Abriss von Wohngebäuden und
• die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen (sofern das Land Brandenburg eine Verordnung zur Reglementierung von Wohnungsumwandlungen erlässt).