Novelle des Baugesetzbuches auf dem Weg

Bundesregierung will Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen

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In der letzten Woche hat das Bundeskabinett den Entwurf des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen zur Novelle des Baugesetzbuchs (Bau GB) beschlossen. Die Vorlage wird nach der gerade beendeten Sommerpause den parlamentarischen Prozess durchlaufen. Die Bundesregierung hat sich nach eigenen Worten das Ziel gesetzt, die Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren stark zu beschleunigen. Dadurch können private wie staatliche Investitionen schnell, effizient und zielsicher getätigt werden. Das Baugesetzbuch (BauGB) ist die zentrale rechtliche Grundlage für die Stadtentwicklung in Deutschland. In dieser Legislaturperiode sei das Bauplanungsrecht bereits mehrfach angepasst worden, u. a., um kurzfristig den Ausbau und die Nutzung von erneuerbaren Energien zu stärken, die Digitalisierung voranzutreiben und Beteiligungsprozesse zu straffen. Jetzt lege das BMWSB den „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung“ vor, um das BauGB zu modernisieren.

„Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum, mehr Digitalisierung und Beschleunigung in den Planungsverfahren und mehr Klimaschutz und Klimaanpassung im Städtebau“, wird Ministerin Klara Geywitz zitiert. „Ein modernes und zeitgemäßes Baurecht ist ein wesentlicher Faktor zur Beschleunigung und Steigerung der Bauaktivitäten in Deutschland. Mit dieser großen Novelle des Baugesetzbuches schaffen wir den rechtlichen Rahmen zur Realisierung des Deutschland-Tempos im Bau. Davon profitieren kommunale Planungs- und Genehmigungsbehörden, bauwillige Private und Investoren sowie Bürgerinnen und Bürger, insbesondere in verdichteten Siedlungsgebieten. Planen, Genehmigen und Bauen werden bürokratieärmer und moderner. Das spart Zeit und Kosten. Die Novelle ist damit unterm Strich ein kleines Konjunkturprogramm für die Baubranche. Zudem sorgen wir dafür, dass für ein modernes Bauen der Zukunft die Anpassung an die Folgen des Klimawandels noch stärker mitgedacht wird. Damit stärken wir die Resilienz unserer Städte und Gemeinden!“

Die umfassende Anpassung des BauGB werde in verschiedenen Bereichen Potenziale freisetzen, entlastend wirken und somit auch den Wirtschaftsstandort Deutschland weiter stärken. Dank der Novelle werde z. B. die Anwendung des Städtebaurechts einfacher und praxisorientierter. Gemeinden könnten besser auf bestimmte gesellschaftliche oder wirtschaftliche Veränderungen reagieren und bei Bedarf schneller Baurechte schaffen. Denkbar seien z. B. Baurechte für die Errichtung von Anlagen für erneuerbare Energien, für die Umnutzung leerstehender Gewerbeimmobilien in den Innenstädten bis hin zur Vergrößerung von Einzelhandelsbetrieben.

Mehr bezahlbarer Wohnraum

Die BauGB-Novelle wird nach Überzeugung der Bundesregierung dem Wohnraummangel aktiv begegnen. Die gesetzlichen Regelungen erleichtern dauerhaft den Wohnungsbau. Städte und Gemeinden können auf der bewährten Grundlage des Städtebaurechts wo nötig und möglich von Bebauungsplänen abweichen, nachverdichten, Gebäude aufstocken oder Flächen für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ausweisen.

Mehr bezahlbarer Wohnraum soll konkret möglich werden durch einen „Bauturbo“, eine Sonderregelung nur für den schnelleren Wohnungsbau. „Mit dem § 246e BauGB wird der Wohnungsbau in angespannten Wohnungsmärkten vereinfacht und beschleunigt, in dem kein gesonderter Bebauungsplan vorgelegt werden muss. Solchen Vorhaben muss jede Kommune, in der darüber diskutiert wird, zustimmen. Der Bauturbo wird noch einmal im Rahmen der BauGB-Novelle eingebracht. Neu ist, dass die jetzige Regelung eine längere Befristung bis 2027 vorsieht.“

Künftig sollen Erweiterungen von Gebäuden überall und nicht mehr nur in angespannten Wohnungsmärkten möglich sein, insbesondere Aufstockungen, auch quartiersweise oder stadtweit, ohne dass ein Bebauungsplan geändert werden muss (vgl. § 31 Absatz 3 BauGB). Bisher es diese Möglichkeit nur im Einzelfall.

Mit Hilfe der sogenannten Baulandumlegung können Gemeinden bis dahin nur schlecht nutzbare Grundstücke entsprechend der Vorgaben eines Bebauungsplans und nach Maßgaben des BauGB neugestalten oder vorbereiten. Dieses Instrument soll genutzt werden, um auf mehr Flächen sozialen Wohnraum zu schaffen. So soll bei der Baulandumlegung ein sozialer Flächenbeitrag eingeführt werden (§ 58a BauGB). Das heiße konkret: Ergibt sich in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt im Ergebnis einer Baulandumlegung ein Anspruch der Gemeinde gegen die Eigentümer auf Wertausgleich in Geld, soll sie statt des Geldes eine Fläche verlangen können. Dann muss sie sich jedoch dazu verpflichten, auf dieser Fläche sozialen Wohnungsbau zu errichten. Wertmäßig ändere sich für die Eigentümer dadurch nichts. Eigentümer profitieren weiterhin, denn sie erhalten durch die Umlegung besser nutzbares Land.

Der Klimawandel sei auch für das Planen und Bauen in Deutschland eine Herausforderung, die künftig stärker im Baurecht berücksichtigt werden müsse. Das Bauen der Zukunft müsse den Anforderungen an Klimaschutz und Klimaanpassung gerecht werden. „Die Novelle des BauGB befähigt Städte und Gemeinden dazu, sich frühzeitig auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten.“

Künftig sollen die Kommunen im Zuge der Erteilung des Baurechts z. B. die Schaffung von dezentralen Versickerungsanlagen auf einem Grundstück anordnen können oder auch die Anlage eines Gründaches. Insbesondere soll eine solche Möglichkeit auch für den sog. unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) geschaffen werden, in dem sich ein Großteil des Bauens abspielt. Dort kommt es bisher allein darauf an, dass sich das neue Gebäude in die umgebende Bebauung einfügt. Flächen sollen zudem künftig leichter multifunktional genutzt werden (z. B. ein Sportplatz zugleich als Retentionsfläche).

Die Regelungen für die Ausweisung von Windenergiegebieten werden weiterentwickelt. Zudem wird eine ausdrückliche Außenbereichsprivilegierung für Geothermie eingeführt, u. a. um die Umstellung auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu unterstützen. D.h. Geothermie-Anlagen können künftig dann auch da gebaut werden, wo noch kein qualifizierter Bebauungsplan vorliegt bzw. auch außerhalb von Ortsteilen.

Bauherren müssen zukünftig innerhalb einer bestimmten Frist den zuständigen Behörden mitteilen, dass sie sogenannte Ausgleichsmaßnahmen, z. B. das erforderliche Pflanzen von Bäumen oder die Begrünung von Dächern, umgesetzt haben (vgl. § 135a BauGB). Die Anzeigepflicht führt zu weniger Verwaltungsaufwand der Gemeinde im Rahmen der Prüfung der Umsetzung. Das „Grün“ im Baugebiet wird verlässlich umgesetzt.

„Parlament jetzt am Zug“

Grundsätzlich begrüße die sozial orientierte Wohnungswirtschaft in Deutschland das Vorhaben, speziell und ausdrücklich auch die Aufnahme des § 246e BauGB, so Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. „Jetzt ist das Parlament gefragt und in der Verantwortung. Ein nochmaliges Scheitern im parlamentarischen Verfahren wäre nicht endschuldbar. Bezahlbares Wohnen ist die zentrale Säule für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie muss langfristig abgesichert und gleichzeitig mit der klima- und altersgerechten Transformation des Gebäudebestands ermöglicht werden. Die wichtigen Vorschläge aus dem Bündnis für bezahlbaren Wohnraum zur Beschleunigung des Bauens müssen jetzt mutig und mit Nachdruck umgesetzt werden. Den notwendigen, deutlichen ‚Ruck‘ für den Wohnungsbau ermöglicht der Gesetzentwurf leider nicht. Er bleibt weit hinter den Vorschlägen aus dem Bündnisprozess zurück. Die im Entwurf vorgesehenen Vereinfachungen werden wirkungslos, wenn gleichzeitig neue Anforderungen in Form von zusätzlichen Prüfungen und Nachweisen gestellt werden.“

Das Baugesetzbuch müsse so gestaltet werden, dass das Bauen von Wohnungen gegenüber anderen Belangen regelmäßig im Vordergrund stehe, betont Gedaschko. „Nur so wird sich die so häufig und zu Recht als ‚soziale Frage‘ unserer Zeit bezeichnete Mammutaufgabe rund um das bezahlbare Wohnen mit Aussicht auf Erfolg angehen und lösen lassen.“

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