Kritik an Libeskind-Entwurf für Babelsberg

Potsdamer und Berliner Zeitungen berichten über Reaktionen aus der Stadtgesellschaft und -politik

Visualisierung: Libeskind/KW-Development

Die „Krone von Babelsberg“: wie die beiden Potsdamer Tageszeitungen, der Tagesspiegel und die Berliner Morgenpost in ihren Wochenendausgaben berichten, hat der US-amerikanische Stararchitekt Daniel Libeskind am Freitag in Potsdam erstmals seinen Entwurf für einen Neubaukomplex in Babelsberg mit Hochhaus öffentlich präsentiert. Die „Media City Babelsberg“, so der Arbeitstitel des Vorhabens, die zwischen Filmpark und Bahnhof Medienstadt gebaut werden soll, bestehe aus fünf halbrunden, ineinander verschränkten Bauteilen, die auf den höchsten, turmartigen Bau zustreben, so die PNN. Durch Fenster-Streifen sollen diese an gestapelte Filmrollen erinnern. Jan Kretzschmar wolle mit seiner Firma KW Development etwa 300 Millionen Ein bis zu 61 Meter hohes und optisch äußerst markantes Gebäudeensemble errichten, in dem 5.000 Arbeitsplätze in der Medienbranche geschaffen werden sollen, so die PNN. Zentraler Bau werde laut MAZ ein 66 Meter hoher Büroturm, der von vier niedrigen bogenförmigen Gebäuden mit Höhen von 44 und 22 Metern umschlossen ist. Das werde die „Krone von Babelsberg“, so Libeskind. Wie beide Potsdamer Tageszeitungen berichten, sei vor dem Baustart eine Änderung des Bebauungsplans vor Ort notwendig. Denn bisher seien nur Gebäude von bis zu 22 Metern zulässig. Parallel sei zudem ein öffentliches Werkstattverfahren geplant. Eine Anwohnerinitiative habe kritisiert, mit den Hochbauten könnten sich die Lichtverhältnisse in Häusern und Gärten verschlechtern. Kretzschmar rechne mit einem Baustart in „vielleicht zwei oder drei Jahren“, so die PNN. Wie beide Potsdamer Tageszeitungen berichten, ist Architekt Libeskind auch für den Standort Plantage und Garnisonkirche im Gespräch.

In ihren heutigen Ausgaben greifen die beiden Potsdamer Tageszeitungen das Thema erneut auf und berichten über die ersten Reaktionen auf den Entwurf. Demnach hätte sich die Potsdamer Grünen-Fraktion skeptisch zur Höhe des Gebäudekomplexes geäußert.  Das linksalternative Netzwerk „Stadt für alle“ habe via Twitter von einer „Katastrophe für den Stadtteil“ gesprochen. „Hier wird jetzt eine neue Spirale von Aufwertung und Verdrängung in Gang gesetzt, die von dem Stadtteil nicht viel übrig lassen wird“, heißt es in einem Beitrag auf der Homepage der Initiative. Auch die Frage, wo die Menschen, die in dem Komplex arbeiten, leben sollen, wirft „Stadt für alle“ auf: „Wo bitte werden die in Zukunft wohnen, ihre Kinder in Kitas und Schulen anmelden, einkaufen, ihre Freizeit verbringen? Soviel Neubau ist nirgends möglich – auch in Krampnitz nicht, wenn auch endlich klar wird, wofür die Stadt diesen neuen Stadtteil tatsächlich braucht. Und selbst wenn nur ein Teil der neuen Arbeitskräfte mit ihren Familien und Freund*innen hier nach Potsdam ziehen wollen ist ziemlich klar: Dafür werden andere Menschen, Familien und ihre Freund*innen weichen müssen – Gentrifizierung eben, denn Babelsberg ist ja noch so schön „Szene“ und lebendig.“

Auch der Medienunternehmer Peter Effenberg, Geschäftsführer des Media Tech Hub Potsdam äußerte sich ablehnend. „Ich habeselten einen so absurden an der Realität vorbei gehenden und einen grandiosen Film- und Wirtschaftsstandort gefährden Entwurf gesehen“, schrieb Effenberg nach Angaben der PNN bei Facebook. Werde dafür eine Genehmigung erteilt, „können wir den Rest des filmischen Traditionsstandortes Babelsberg gleich auch noch an Investoren verscherbeln“, so Effenberg. Nach Angaben der MAZ lehne auch die Fraktion „Die Andere“ das Projekt ab: „Oberbürgermeister und Stadtverordnete sonnen sich im Glanz des prominenten Vorhabens, das dem privaten Eigentümer eine satte Bodenwertsteigerung einbringen soll“, so Lutz Boede. „Für die Stadtgesellschaft haben die Pläne gewaltige strukturelle, ökologische und vor allem soziale Folgen.“ Die Fraktion fordere eine öffentliche Debatte zu den städtebaulichen Zielen, um dann die beste Idee über einen Architektenwettbewerb zu finden. SPD, Linke und CDU zeigten sich hingegen angetan vom Entwurf, so die MAZ. Auch Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) äußerte sich positiv. Potsdam erhalte ein weiteres Highlight, wird Schubert zitiert.

Quellen: PNN und MAZ, Ausgaben jeweils vom 13. und 15. November 2021; Tagesspiegel und Berliner Morgenpost, Ausgaben vom 13. November 2021, Netzwerk „Stadt für alle“