„Kosten für Klimaschutz gerecht verteilen“

Mieterbund und GdW streiten über die Umlage des CO2-Preises.

Nach der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gilt seit dem 1. Januar ein CO2-Preis bei Gebäuden und im Verkehr von 25 Euro pro Tonne. In einem gemeinsamen Pressegespräch mit dem Bundesumweltministerium hat der Deutsche Mieterbund heute gefordert, die Kosten des CO2-Preises vollständig auf die Vermieter umzulegen. Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen widerspricht.

 

„Umlage auf Mieter macht keinen Sinn“

„Aus klimapolitischer Sicht macht die Umlage des CO2-Preises auf die Mieterinnen und Mieter keinen Sinn“, sagt Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbunds. „Der energetisch veraltete Gebäudebestand muss zwar dringend saniert werden. Dafür müssen aber die Akteure adressiert werden, die über die Art der Beheizung entscheiden, also die Vermieter – und zwar zu 100 Prozent.“

Ziel der CO2-Bepreisung sei es, Klimaschutzinvestitionen im Gebäudebereich anzuregen. „Diese Lenkungswirkung wird im Mietwohnbereich völlig verfehlt, wenn die CO2-Kosten zu 100 Prozent an den Mieter durchgereicht werden“, findet Siebenkotten. „Im Gebäudebestand zahlt der Mieter nach einer Sanierung über die Umlage der Modernisierungskosten bereits eine höhere Kaltmiete, völlig unabhängig von der Klimawirksamkeit der Maßnahmen.“

Mieterinnen und Mieter hätten keinen Einfluss auf die Art der Beheizung des Gebäudes. Erschwerend komme hinzu, das schwankende Energiepreise den Einfluss der Mieterinnen und Mieter auf ihre Heizkosten beschränken. „Etwaige Einsparungen durch Verbrauchsreduktion auf Mieterseite werden durch höhere Energiepreise und die CO2-Kosten aufgefressen. Das ist aus klima- und sozialpolitischer Sicht vollkommen kontraproduktiv“, so der DMB-Präsident.

„Schon jetzt sind die Heizkosten in einem energetisch schlechteren Haus im Schnitt mehr als doppelt so hoch wie in einem energetisch guten Haus“, so Siebenkotten. „Die CO2-Bepreisung vergrößert diese Schere deutlich auf Kosten derjenigen Mieterinnen und Mieter, die sich keine Wohnung in einem ökologischen Haus mit klimafreundlicher Heizanlage leisten können.“ Die geplanten Rückerstattungsmechanismen würden diese Gruppe nur ungenügend entlasten, da nicht per se alle in energetisch schlechten Gebäuden von einer gestiegenen Pendlerpauschale profitieren oder Wohngeld mit CO2-Zuschuss bezögen. Die geplante Begrenzung der EEG-Umlage reiche nicht aus, um die gestiegenen Heizkosten abzufedern.

„Die Mietkostenbelastung ist für viele Haushalte immens. Infolge der Corona-Krise und der damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen ist von erheblichen Einkommensverlusten für Mieterinnen und Mieter auszugehen, wodurch die individuelle Mietbelastung weiter steigen wird. Die Bundesregierung muss endlich handeln und Mieterinnen und Mieter vor einer weiteren Kostenbelastung schützen“, fordert Lukas Siebenkotten. Das Limit sei für viele längst erreicht oder gar überschritten.

 

„Schädlicher Wahlkampf-Populismus“

„Einseitige Forderungen nach einem pauschalen Abwälzen der gesamten Kosten des CO2-Preises auf Vermieter sind schädlicher Wahlkampf-Populismus“, findet dagegen Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. „Solche Vorschläge sind nicht nur ungerecht, sondern auch praxisuntauglich und verhindern, dass wir die Klimaziele erreichen können. Mehr Klimaschutz beim Wohnen gelingt nur, wenn die Kosten insgesamt gerecht verteilt werden.“

Alle Mieter seien bereits durch eine Senkung der EEG-Umlage beim CO2-Preis ab 2022 deutlich entlastet worden. Wohngeldbezieher bezögen zudem zielgerichtet einen Zuschlag, der sie bis 2023 deutlich höher ent- als belaste. Eine echte Lenkungswirkung des CO2-Preises im Gebäudebereich entfalte sich nur dann, wenn bei der Aufteilung der Kosten nach dem energetischen Zustand des Gebäudes differenziert werde. Vermieter bei Gebäuden mit schlechtem energetischen Zustand müssten mittelfristig ohnehin mehr als 50 Prozent der Kosten übernehmen. Deshalb „brauchen wir bis dahin eine Karenzzeit, damit die Vermieter in dieser Zeit die Möglichkeit haben, die Wohnung in einen energetisch besseren Zustand zu bringen“, so Gedaschko.

Um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen, müssten Vermieter und Mieter gemeinsam an einem Strang ziehen“, sagt der GdW-Präsident. „Statt platter Forderungen nach vermeintlich einfachen und angeblich gerechten Lösungen brauchen wir ein zielgenaues und differenziertes Herangehen je nach Gebäudezustand.“

„In energetisch sanierten Gebäuden, in die Vermieterinnen und Vermieter bereits hohe finanzielle Summen investiert haben – konkret die Wohngebäude mit Effizienzklassen A+ bis C – müssten die Nutzer den CO2-Preis übernehmen“, meint Axel Gedaschko. „Denn in diesen Gebäuden ist der Energiebedarf durch die Sanierung bereits so gering, dass der individuelle Heizenergieverbrauch durch den Nutzer in der jeweiligen Wohnung erheblichen Einfluss hat. Vermieter würden durch eine Einschränkung oder Abschaffung der Umlagefähigkeit in energetisch sanierten Wohnungen massiv bestraft.“

Im Gegenzug würde eine begrenzte Umlagefähigkeit speziell für die Gebäude mit den höchsten Energieverbräuchen helfen, deren Energieverbrauch in den nächsten Jahren deutlich zu senken. „Die Wohnungswirtschaft bekennt sich zu den Klimazielen der Bundesregierung und will ihre Gebäude insbesondere durch die Erzeugung erneuerbarer Energie vor Ort in den Wohnquartieren CO2-ärmer und dadurch noch klimafreundlicher machen. Um die hohen staatlich gesteckten Klimaziele erreichen zu können, sind allerdings massive finanzielle Investitionen notwendig. Es kann deshalb nicht sein, dass den Wohnungsunternehmen einfach die notwendigen finanziellen Mittel für die energetische Modernisierung ihrer Wohnungen teilweise oder gar komplett weggeschnitten werden.“ Wenn nach Vorschlägen der SPD-geführten Ministerien für Umwelt, der Justiz und der Finanzen die Vermieter pauschal mindestens 50 Prozent der CO2-Kosten übernehmen sollen, würden den Wohnungsunternehmen schon bis zu 40 Prozent ihrer notwendigen finanziellen Mittel fehlen.