„Klima der Unsicherheit drückt auf Investitionsbereitschaft“

Frühjahrsgutachten der „Immobilienweisen“ an Bauministerin übergeben

Iris Schöberl, Präsidentin des Zentralen Immobilien Ausschusses. Foto: Laurence Chaperon

Iris Schöberl, Präsidentin des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), hat am 11. Februar das Frühjahrsgutachten des Rats der „Immobilienweisen“ an Bundesbauministerin Klara Geywitz übergeben. „Ein Klima der Unsicherheit drückt auf die Investitionsbereitschaft. Deutschland braucht eine ökonomische Kehrtwende, und die Immobilienbranche hat die Kraft, hier eine Schlüsselrolle zu übernehmen“, kommentierte Schöberl die Signale des Gutachtens. „Wenn in diesem Frühjahr politisch die Weichen klug gestellt werden, kann die Immobilienbranche, die fast 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ,liefert‘, schon 2025 wieder zur Wirtschafts-Lokomotive werden. Mit konkreten Verbesserungen für Mieterinnen und Mieter, lebendigeren Innenstädten, den Alltag im Büro und für den Alltag Pflegebedürftiger.“

Für 2024 ist laut Gutachten insgesamt nur mit etwa 210.000 neu genehmigten Wohnungen zu rechnen – gegenüber 2023 wäre das ein Rückgang um fast die Hälfte (45 Prozent). In den meisten der sieben größten Städte („A-Städte“) nimmt die Kluft zwischen Wohnungsbedarf und Bautätigkeit bedrohliche Ausmaße an. Schöberl forderte: „Beim Wohnungsbau braucht es in diesem Frühjahr einen Befreiungsschlag: weg mit dem Wust an starren Regulierungen!“

Die neue Bundesregierung könne „schon in den ersten 100 Tagen Veränderungen mit Sofort-Effekt“ auf den Weg bringen, wenn „spürbare Entlastungen in Sicht“ sind. „Gerade ein Plus bei den Wohnungsangeboten kann unser Land wieder enger zusammenbringen“, sagt die ZIA-Präsidentin. „Die Politik muss nicht mehr tun, sondern weniger: Sie muss sich auf allen Ebenen zurücknehmen.“ Dass der Staat bei etwa 37 Prozent entweder finanziell oder durch starre Auflagen die Branche beim Neubau fessle, sei „Deutschlands Dauerbremse für Investitionen“. Da brauche es Abstinenz statt Aktionismus. Dies umso mehr, da die Branche weiter einen starken Beitrag für Klimaschutz leisten wolle. Ein Vorschlag: Der Bund könnte über die KfW eigenkapitalersetzende Mittel und Bürgschaften bereitstellen, um stockende Neubauvorhaben und Sanierungsmaßnahmen zu aktivieren. Dann könnten Banken wieder mehr Kredite an Projektentwickler vergeben – der Bauüberhang von fast 830.000 Wohnungen könnte so schneller abgebaut werden.

Prof. Dr. Dr. h.c. Lars P. Feld vom Rat der „Immobilienweisen“ analysierte: „Das Jahr 2024 hat gezeigt, dass sich wieder ein stabileres Preisgefüge auf dem Markt etabliert hat, was Investoren Vertrauen in langfristige Investitionen gibt.“ Zugleich benannte er eine Reihe von Problemen: „Hohe Energiepreise, gesunkene Kapazitätsauslastung und Arbeitsproduktivität drücken auf die Wettbewerbsfähigkeit des Landes. Sie dämpfen in Zeiten überdurchschnittlich hoher Unsicherheit die Investitionsbereitschaft.“ Unternehmen hierzulande sähen sich „einem toxischen Gemisch überhöhter Kosten gegenüber“.

Die Bauwirtschaft sei am stärksten vom Rückgang der Bruttowertschöpfung betroffen, so Feld. Die Steuerbelastung der Unternehmensgewinne erreiche im internationalen Vergleich die Spitzengruppe. Und: „Die Regulierungsintensität schnürt den Unternehmen die Luft ab“. Eine neue Bundesregierung mit einem klaren wirtschaftspolitischen Kurs könne stabilisierend wirken und die Unsicherheit in den kommenden Jahren sinken lassen.

Im Jahr 2024 habe sich das Volumen der Auftragseingänge im Bauhauptgewerbe etwas stabilisiert. Ab Mitte 2025 könnten sich die Wohnungsbauinvestitionen nach Ansicht des ZIA erholen – sofern die Rahmenbedingungen stimmen.

Wichtige Hebel aus Sicht des ZIA:
• Auf allen politischen Ebenen Ernst machen mit einem Kurs der Deregulierung
• Über die KfW eigenkapitalersetzende Mittel und Bürgschaften bereitstellen, um stockende Neubauvorhaben und Sanierungsmaßnahmen zu aktivieren
• Bauland aktivieren durch Flächenbereitstellung, Gestehungskosten senken
• Standardisierte, vereinfachte Bauverfahren ermöglichen
• Vereinfachte Bauvorschriften konsequent angehen, zum Beispiel über „Gebäudetyp E“
• Sonderregeln im Baugesetzbuch, die für Flüchtlingsunterkünfte gelten, ohne Abstriche auf Wohnungsbau ausdehnen
• Bei der EU-Taxonomie mit dem „Worst-first“-Ansatz das energetische Sanieren von Immobilien mit schlechten Energieeffizienzen vorantreiben
• Zumindest temporär die Grunderwerbssteuer für alle Immobilienklassen senken oder auf null fahren, auf kommunale Abschöpfungsmodelle verzichten

Das vollständige Frühjahrsgutachten Immobilienwirtschaft 2025 des Rates der Immobilienweisen finden Sie hier.