Interessenvertretungen von Wohnungswirtschaft, Bau und Mieter:innen zum Koalitionsvertrag

Nach Vorstellung und Veröffentlichung des Koalitionsvertrags von CDU/CSU und SPD meldeten sich auch Verbände und Interessenvertreter zu Wort. Wir dokumentieren ausgewählte Stimmen.
GdW: „Riesiger Schritt nach vorne“
„Der Koalitionsvertrag ist ein riesiger Schritt nach vorne und steht für mehr und schnelleren bezahlbaren Wohnraum. Dies begrüßt der GdW ausdrücklich“, erklärt Präsident Axel Gedaschko. „Ein Beispiel für den Fokus auf preiswerten Wohnraum ist die zeitweise Wiedereinführung der Förderfähigkeit des EH-55-Standards sowie der angekündigte Bau-Turbo in den ersten 100 Tagen der neuen Legislaturperiode. Ebenso ist die Ankündigung einer generellen Überarbeitung des Baugesetzbuchs zu begrüßen. Dies wird durch die angekündigte Verschlankung des Förderwesens verstärkt. Die geplante Vereinfachung des Planungs-, Vergabe- und Umweltrechts ist ebenfalls positiv.
Sinnvoll ist insbesondere auch der geplante Investitionsfonds für den Wohnungsbau, mit dem im Zusammenspiel von öffentlichen Garantien und privatem Kapital bezahlbarer Wohnraum finanziert werden soll. Der GdW begrüßt in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass die wichtige Rolle der kommunalen Wohnungsunternehmen für bezahlbares Wohnen anerkannt wird. Auch das genossenschaftliche Wohnen wird weiter gefördert.
Die Finanzierungskonditionen des Bundes und die Expertise der Wohnungswirtschaft zusammenzubringen, um auf diesem Wege die Finanzierungskosten zu senken, wird sich positiv auswirken. Dieses Vorhaben entspricht der vom GdW seit langem getragenen Grundidee. Der Finanzierungsschub im Wohnungsbau wird auch dadurch intensiviert, dass er vollständig aus den EU-Beihilfevorschiften ausgenommen werden soll.
Beim Klimaschutz im Bestand durchschlägt der Koalitionsvertrag einen gordischen Knoten, indem er den Fokus von der Energieeffizienz nimmt und die CO2-Reduktion zur zentralen Steuerungsgröße erklärt. Hierdurch werden sowohl für die Mieter- als auch für die Vermieterseite dramatisch Kosten reduziert. Dies entspricht einer Kernforderung des GdW. Positiv ist auch, dass private Haushalte zu Akteuren der eigenen Energieversorgung werden sollen, um so die Energiewende bezahlbar zu machen.
Ausdrücklich zu begrüßen ist zudem, dass zu Fragen des Mietrechts eine Kommission eingesetzt werden soll. Hier wurden die Sorgen der Wohnungswirtschaft anerkannt, indem zunächst weder die Kappungsgrenzen abgesenkt noch die Länderöffnungsklausel bei der Mietpreisbremse eingeführt werden und damit kein Weg für einen Mietendeckel durch die Hintertür geebnet wird. Der GdW wird sich in der Kommission für tragfähige Lösungen einsetzen.“
ZIA: „Licht- und Schattenseiten“
Dieser Koalitionsvertrag hat Licht- und Schattenseiten“, erklärt Iris Schöberl, Präsidentin des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA). Es wird auch weiterhin ein eigenständiges Bauministerium geben. Damit sei sichergestellt, dass Kompetenzen in einem Haus gebündelt bleiben und dass die Arbeitsfähigkeit vorhanden ist. „Damit kann und muss die Arbeit beginnen“, so Schöberl. Wichtig sei, in den ersten 100 Tagen den ersten Teil der Novelle des Baugesetzbuches auf den Weg zu bringen. „Für den Wohnungsbau zählt jeder Tag“, betonte Schöberl.
Die geplanten Sonderabschreibungen und die Senkung der Körperschaftssteuer seien für die deutsche Industrie und Wirtschaft ein wichtiger Baustein, um die Konjunktur wieder anzukurbeln, so die Präsidentin des ZIA. Eine gute Botschaft für Deutschland und die Immobilienwirtschaft sei auch, dass die Digitalisierung und damit die bisher schleppenden Verwaltungsverfahren jetzt konsequent beschleunigt werden sollen.
Der ZIA kritisiert, dass sich die Koalitionsparteien nicht zur Senkung der Grunderwerbsteuer geäußert haben. Das wird weiter Bestandteil der Forderungen des ZIA sein, um Bauen und Erwerb in Deutschland zu stärken. Der ZIA kritisiert zudem die Verschärfung des Mietrechts. „Eine Verlängerung der Mietpreisbremse schafft keine einzige Wohnung“, betont die Präsidentin des ZIA. Deswegen werde sich der ZIA vehement für ein sozial ausgewogenes Mietrecht einsetzen. Die Mietpreisbremse ersticke die nötige Investitionsbereitschaft im Keim.
Mieterbund: „Den Worten müssen Taten folgen“
„Es ist gut, dass sich CDU/CSU und SPD auf eine gemeinsame Linie für die nächsten 4 Jahre verständigt haben, denn die Baustellen in der Wohnungs- und Mietenpolitik sind groß. Enttäuschend ist jedoch, dass die neue Bundesregierung sich auf keine konkreten Maßnahmen zur Begrenzung von Mieterhöhungen einigen konnte, weder ein Mietenstopp oder Deckel, noch eine reduzierte Kappungsgrenze oder gar eine Länderöffnungsklausel finden sich im Koalitionsvertrag“, sagte der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten.
Im Vergleich zu den Ergebnissen der für Mietrecht zuständigen Arbeitsgruppe gibt es nur geringfügige Änderungen. „Wir begrüßen die Verlängerung der Mietpreisbremse um 4 Jahre und setzen darauf, dass sie so schnell wie möglich erfolgt. Ebenso wie die Mietpreisbremse sollen auch die Vorschriften zum Umwandlungsschutz von Miet- in Eigentumswohnungen nach § 250 Baugesetzbuch sogar um 5 Jahre verlängert werden, was wir für dringend geboten halten, da die bis zum 31.12.2025 befristete Regelung ein unersetzliches Instrument gegen Verdrängung und Gentrifizierung ist“, so Siebenkotten.
Die SPD stelle zukünftig neben dem für Mieterinnen und Mieter relevanten Justizministerium auch das Ministerium für Wohnen und Bauwesen sowie das Umwelt- und Klimaschutzministerium. „Wir erwarten daher, dass die Interessen der Mieterinnen und Mieter in der neuen Bundesregierung endlich ernst genommen und die Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag auch zügig umgesetzt werden. In der letzten Legislaturperiode ist viel Vertrauen in die Arbeit der Regierung verloren gegangen, Mieterinnen und Mieter wurden zum Spielball parteipolitischer Interessen. Die neue Bundesregierung muss jetzt zeigen, was der angekündigte Politikwechsel für die Menschen bedeutet, und die beschlossenen Maßnahmen umsetzen“, forderte Siebenkotten.
Siebenkotten betonte zudem, dass das Bekenntnis zum Ausbau des sozialen Wohnungsbaus gut und wichtig ist. „Den Worten müssen nun aber auch rasche Taten folgen und deutlich mehr finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden als bisher.“
ZDB: „Die Richtung stimmt“
„Wir begrüßen die Entscheidung der Koalition, die Baupolitik – wie von uns gefordert – weiterhin in einem starken Bauministerium zu verankern“, erklärte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe. „Jetzt kommt es darauf an, dass dieses Ministerium auch die Verantwortung für die Förderpolitik im Bereich Neubau und Modernisierung übernimmt, um die geplanten Maßnahmen für den Bau-Turbo effizient und zielgerichtet umzusetzen. Eine zügige und verlässliche Ausrichtung der Förderpolitik ist insbesondere im Wohnungsbau unerlässlich, um den Menschen wieder den Mut zu geben, zu bauen. Die Verlängerung der Mietpreisbremse halten wir in diesem Zusammenhang für kontraproduktiv, da sie nur Symptome bekämpft. Wir müssen jetzt an die Ursachen heran und mehr Wohnungen bauen.
Insgesamt ist erfreulich, dass die Richtung stimmt und die im Koalitionsvertrag skizzierte Perspektive auch ein wichtiges Signal für junge Menschen darstellt, sich für eine Ausbildung und Beschäftigung in der Bauwirtschaft zu entscheiden.“