Grundsteuer nach Reform signifikant gestiegen

Haus & Grund: Kommunale Hebesatzentwicklung Belastungstreiber

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Haus & Grund Deutschland hat 1.999 Rückmeldungen zur Grundsteuerreform ausgewertet. Das Ergebnis ist eindeutig, sagt der Verband der privaten Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer. In rund 80 Prozent der Fälle ist die Grundsteuer gestiegen, im Schnitt um über 100 Prozent. Besonders hohe Belastungen zeigen sich im Bodenwertmodell (+1,41 Einheiten), während das Bundesmodell mit durchschnittlich +0,98 Einheiten etwas moderater ausfällt.

Allerdings wurden im Flächenmodell besonders häufig die Hebesätze stark erhöht (+244 Punkte). Eine Regressionsanalyse bestätigt: Die Hebesatzentwicklung ist der zentrale Treiber der Steuermehrbelastung. Die vielfach angekündigte Aufkommensneutralität wird auf individueller Ebene nicht eingehalten.

Hintergrund und Zielsetzung der Umfrage

Mit Beginn des Jahres 2025 trat die reformierte Grundsteuer in Kraft. Die Bundesregierung hatte im Zuge der Reform – insbesondere Bundeskanzler Olaf Scholz, der zum Zeitpunkt der Gesetzgebung Bundesminister der Finanzen war – zugesichert, dass die Neuregelung „aufkommensneutral“ ausgestaltet werde. Das bedeutet: Städte und Gemeinden sollten ihre Hebesätze so anpassen, dass die Einnahmen aus der Grundsteuer im Vergleich zur alten Regelung nicht steigen. Ob dieses Versprechen in der kommunalen Praxis tatsächlich eingehalten wird, ist jedoch offengeblieben – denn als kommunale Steuer unterliegt die Hebesatzfestsetzung der autonomen Entscheidung jeder einzelnen Gemeinde. Gleichzeitig fehlt ein gesetzlicher Mechanismus, der eine ertragsneutrale Umsetzung sicherstellen würde.

Um diese Lücke zu füllen und belastbare Daten aus der Eigentümerperspektive zu erhalten, hat Haus & Grund Deutschland im Frühjahr 2025 eine bundesweite Umfrage unter privaten Immobilieneigentümern gestartet. Ziel war es, ein differenziertes Bild der Auswirkungen der Reform auf die Grundsteuerlast in den einzelnen Gemeinden zu gewinnen.

An der bundesweiten Umfrage zur Umsetzung der neuen Grundsteuer haben sich insgesamt 1.999 Immobilieneigentümer beteiligt. Damit liegt eine belastbare Datengrundlage vor, die differenzierte Auswertungen zu den tatsächlichen Auswirkungen der Reform in den Kommunen ermöglicht.

Erste Wirkungsanalyse

Die Auswertung der absoluten Grundsteuerbeträge für das Jahr 2025 zeigt ein weites Spektrum: Im Median zahlen Eigentümer 654 Euro, im Mittel liegt die Belastung bei rund 830 Euro pro Jahr. Die Werte variieren jedoch erheblich – von etwa 100 Euro in den unteren 10 Prozent bis hin zu über 4.500 Euro in der Spitze. Die Verteilung ist deutlich rechtsschief, was auf einzelne sehr hohe Steuerbeträge bei größeren Immobilien Grundsteuerreform 2025 aus Sicht privater Immobilieneigentümer hindeutet.

Vergleicht man diese Werte mit den Angaben für das Vorjahr 2024, so zeigt sich ein klarer Anstieg: Der Median der Vorjahresbelastung lag bei lediglich 390 Euro, der Mittelwert bei 522 Euro. Dies entspricht einem durchschnittlichen Anstieg von über 300 Euro pro Jahr. Je nach verwendetem Grundsteuermodell zeigen sich dabei Unterschiede. Im Bundesmodell beträgt der durchschnittliche Steuerbetrag 2025 rund 807 Euro. Im Flächenmodell liegt der Mittelwert sogar bei 847 Euro.

Auch der Immobilientyp beeinflusst die Höhe der Grundsteuer erheblich. Für Ein- und Zweifamilienhäuser liegt der durchschnittliche Betrag 2025 bei 747 Euro, im Vorjahr waren es im Schnitt 463 Euro. Mehrfamilienhäuser weisen mit 1.370 Euro die höchste durchschnittliche Belastung auf (2024: 834 Euro). Für Eigentumswohnungen ergibt sich ein vergleichsweise niedriger Durchschnittswert von 316 Euro (2024: 285 Euro), wobei zu beachten ist, dass hier die Grundsteuer anteilig je Einheit erfasst wurde.

Diese Werte bestätigen, dass die Reform in vielen Fällen mit einer spürbaren Mehrbelastung einhergeht. Die Spannbreite der Steuerhöhen legt zudem nahe, dass sowohl die Art der Immobilie als auch das jeweilige Bewertungsmodell maßgeblich zur Belastungswirkung beitragen.

Veränderung der Steuerlast durch die Reform

Die Analyse der normierten Veränderung der Grundsteuer zeigt, dass für die Mehrheit der Eigentümer die Steuerbelastung nach der Reform gestiegen ist. In rund 79 Prozent der Fälle steigt die Steuerlast von 2024 bis 2025 an oder bleibt nahezu gleich, während lediglich 21 Prozent eine Reduktion verzeichneten. Im Mittel ergibt sich eine Zunahme der Steuerbelastung um den Faktor 1,03 auf einer normierten Skala, wobei der Median bei 0,51 liegt. Dies weist auf eine tendenzielle Mehrbelastung bei einer großen Bandbreite hin: Die oberen zehn Prozent der Fälle verzeichnen einen Anstieg um mehr als 300 Prozent, die oberen fünf Prozent sogar um mehr als 410 Prozent.

Für die Eigentümer mit einem Rückgang der Steuerlast ergibt sich ein deutlich moderateres Bild: Hier liegt der Mittelwert bei – 22 Prozent. Gleichzeitig fällt auf, dass die positiven Veränderungen (also Steuersteigerungen) wesentlich stärker streuen als die negativen. Bei den Fällen mit steigender Belastung liegt der Mittelwert bei 136 Prozent, mit Maximalwerten von bis zu 976 Prozent.

Auch nach Immobilientyp zeigen sich Unterschiede: Für Ein- und Zweifamilienhäuser liegt der durchschnittliche Anstieg bei 119 Prozent, bei Mehrfamilienhäusern bei 111 Prozent. Deutlich niedriger fällt die Veränderung bei Eigentumswohnungen aus, wo der Mittelwert bei 40 Prozent liegt. Betrachtet man ausschließlich die Fälle mit sinkender Belastung, so zeigt sich, dass Eigentumswohnungen im Durchschnitt die stärkste relative Entlastung erfahren haben (-24 Prozent), gefolgt von Mehrfamilienhäusern (-22 Prozent) und Ein-/Zweifamilienhäusern (-19 Prozent).

Umgekehrt ergibt sich bei den steigenden Belastungen das inverse Bild: Eigentümer von Mehrfamilienhäusern erfahren einen durchschnittlichen Anstieg von 143 Prozent, bei Ein-/Zweifamilienhäusern liegt dieser bei 139 Prozent, während Eigentumswohnungen mit durchschnittlich 96 Prozent etwas geringer betroffen sind.

Auch zwischen den Bewertungsmodellen zeigen sich klare Differenzen. Für das Bundesmodell liegt der durchschnittliche Zuwachs bei 98 Prozent, beim Wertunabhängigen Flächenmodell bei 104 Prozent, während das Bodenwertmodell Baden-Württembergs mit einem Mittelwert von 141 Prozent den deutlich höchsten Anstieg verzeichnet. Dies bestätigt den Befund aus den absoluten Steuerbeträgen: In Baden-Württemberg sind signifikant stärkere Belastungsanstiege zu beobachten als in anderen Bundesländern – sowohl absolut als auch relativ.
Diese Ergebnisse machen deutlich, dass die versprochene Aufkommensneutralität vielerorts nicht erreicht wurde.

Besonders die Unterschiede nach Immobilientyp und Bewertungsmodell legen nahe, dass strukturelle Faktoren – etwa die Bewertungssystematik und die Hebesatzgestaltung – entscheidend für die tatsächliche Steuerwirkung sind.

Kommunale Hebesatzentwicklung als Belastungstreiber

Ein zentrales Ergebnis der Umfrage betrifft die Entwicklung der kommunalen Hebesätze, die maßgeblich darüber entscheiden, ob die Reform der Grundsteuer tatsächlich aufkommensneutral umgesetzt wurde. Die Daten zeigen deutlich, dass die Mehrheit der Kommunen ihre Hebesätze nach oben angepasst hat: Von allen auswertbaren Fällen berichten rund 69 Prozent von einem gestiegenen Hebesatz, während 9 Prozent der Kommunen den bisherigen Hebesatz beibehielten und nur etwa 22 Prozent eine Senkung vornahmen.

Im Durchschnitt lag der Anstieg der Hebesätze bei rund 120 Prozentpunkten, wobei der Median mit 81,5 Punkten unterhalb dieses Wertes liegt – was auf einige besonders starke Anhebungen in bestimmten Gemeinden hinweist. In der Spitzengruppe, also den obersten zehn Prozent der Erhöhungen, wurden Zuwächse von mehr als 435 Punkten gemeldet. Im Gegensatz dazu lag die durchschnittliche Senkung in den wenigen Fällen, in denen der Hebesatz reduziert wurde, bei -113 Punkten.

Diese Ergebnisse spiegeln die politischen und fiskalischen Anpassungsstrategien in den jeweiligen Bundesländern wider. Während Bayern mit seinem wertunabhängigen Modell tendenziell höhere Hebesätze braucht, um das Aufkommen zu sichern, scheinen in Baden-Württemberg viele Kommunen die ursprüngliche Bodenwertorientierung durch eine gezielte Hebesatzabsenkung kompensiert zu haben. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob diese Anpassungen in den jeweiligen Kommunen tatsächlich zur Wahrung der versprochenen Aufkommensneutralität geführt haben – oder ob es de facto zu verdeckten Steuererhöhungen gekommen ist.

Zusammenhang zwischen Hebesatz und Steuerbelastung

Während die durchschnittliche Steuerlast für Ein- und Zweifamilienhäuser nominal von 463 Euro (2024) auf 747 Euro (2025) stieg – ein Zuwachs von rund 61 % –, ergibt sich aus der Einzelfallbetrachtung ein mittlerer relativer Anstieg von 119 %. Dieser Unterschied ist kein Widerspruch, sondern das Ergebnis unterschiedlicher Rechenlogiken: Die erste Zahl vergleicht Durchschnittswerte über Jahre, die zweite den Durchschnitt individueller prozentualer Veränderungen – und wird damit stärker durch Fälle mit niedrigem Ausgangswert beeinflusst. Das gilt natürlich analog auch für die anderen Immobilientypen.

Auf Basis der deskriptiven Auswertung ergibt sich, dass Eigentümer im Bundesmodell im Mittel eine normierte Grundsteuermehrbelastung von 98 Prozent verzeichneten, während im wertunabhängigen Flächenmodell ein Durchschnittswert von 104 Prozent und im Bodenwertmodell Baden-Württembergs ein deutlich höherer Wert von 141 Prozent beobachtet wurde. Betrachtet man allein diese Mittelwerte, so erscheint das Bundesmodell auf den ersten Blick als das „günstigste“ Verfahren für Eigentümer.

Gleichzeitig zeigt die Auswertung der Hebesatzentwicklung, dass die Unterschiede in der Belastung auch mit der Intensität der kommunalen Anpassungen zusammenhängen. Im Bundesmodell stiegen die Hebesätze durchschnittlich um 95 Punkte, im Flächenmodell jedoch um deutlich höhere 244 Punkte. Im Gegensatz dazu gingen die Hebesätze im Bodenwertmodell im Durchschnitt sogar um 180 Punkte zurück. Dies wirft die Frage auf, ob die geringere Belastung im Bundesmodell tatsächlich auf die Bewertungslogik zurückzuführen ist – oder ob sie durch eine weniger starke Anhebung der Hebesätze bedingt ist.

Unterschied von Bundesmodell und Flächenmodell nicht signifikant

Zur Klärung dieser Frage wurde eine multivariate Regressionsanalyse durchgeführt, bei der die normierte Grundsteuerveränderung als abhängige Variable modelliert wurde. Neben dem verwendeten Grundsteuermodell wurden die jeweilige Hebesatzentwicklung, der Immobilientyp sowie Wohn- und Grundstücksfläche berücksichtigt. Das Ergebnis bestätigt die zentrale Hypothese: Der Unterschied zwischen Bundesmodell und Flächenmodell ist statistisch nicht signifikant, wenn man die Hebesatzentwicklung kontrolliert.

Mit anderen Worten: Die leicht höhere durchschnittliche Steuerbelastung im Flächenmodell lässt sich im Wesentlichen durch die dort überproportionalen Hebesatzanhebungen erklären. Anders verhält es sich beim Bodenwertmodell: Hier bleibt der Zusammenhang auch nach Kontrolle der übrigen Einflussgrößen signifikant positiv – das Modell führt also tatsächlich strukturell zu einer höheren Belastung.

Die Hebesatzentwicklung erweist sich insgesamt als der stärkste Einzelprädiktor für die Steuermehrbelastung. Für je 100 Punkte Erhöhung des Hebesatzes ergibt sich im Durchschnitt ein Anstieg der normierten Grundsteuerentwicklung um +0,14 Einheiten (also eine Erhöhung der Stuer um etwa 14 Prozent).

Weitere Einflussgrößen, wie der Immobilientyp, wirken sich ebenfalls aus: So zeigt sich insbesondere bei Eigentumswohnungen eine signifikant geringere Mehrbelastung im Vergleich zu Ein- und Zweifamilienhäusern, die im Modell als Referenzkategorie dienen.

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