Glockenspiel unter Denkmalschutz

MAZ und PNN berichten ausführlich über die Entscheidung des Landesamts zur Garnisonkirche.

„Plötzlich Denkmal“, staunt die MAZ gemeinsam mit der Stadtpolitik über die Entscheidung des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum (BLDAM) vom 19. Juli, das „politisch höchst umstrittene“ Glockenspiel der Garnisonkirche in die Denkmalliste aufzunehmen. Auch der Lokalteil der PNN macht mit dem Thema auf.

Laut Begründung des Landesamtes handle es sich um ein „Denkmal der jüngeren Zeitgeschichte“. Mit der Unterschutzstellung sei „keine politische Positionierung zum Wiederaufbau der Garnisonkirche verbunden“, betone die Behörde. Das Glockenspiel sei „Zeitzeugnis einer 30-jährigen intensiven stadtpolitischen Debatte und damit schützenswert“. Das Landesamt sei auf einem am 18. April eingereichten Antrag Dritter tätig geworden, so Landeskonservator Thomas Drachenberg gegenüber den PNN, über den Antragsteller könne aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Angaben gemacht werden. Das Potsdamer Rathaus sei am Dienstag vorab per Mail über die Entscheidung informiert worden.

Das am 14. April 1990 aufgestellte Geläut sei eine Spende der 1987 gegründeten Traditionsgemeinschaft Glockenspiel Iserlohn (TPG), rekapituliert die MAZ. Der wissenschaftliche Beirat der Stiftung Garnisonkirche habe im September 2019 festgestellt, dass die Nachbildung des 1945 zerstörten Glockenspiels „ein Objekt revisionistischer und militaristischer Bestrebungen der 1980er Jahre“ sei und „Vernichtungspolitik und Holocaust“ ausblende. Einige Glocken seien Truppenverbänden der Wehrmacht gewidmet. 2019 sei es deshalb abgeschaltet worden.

Die Stadt habe keinen Antrag auf Denkmalschutz gestellt, habe Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert in einer ersten Reaktion laut PNN klargestellt. Sie sei auch bei der Entscheidung „weder fachlich noch formell“ einbezogen worden. Er hoffe, dass die Entscheidung die in den vergangenen zwei Jahren gewachsene sachliche Gesprächsatmosphäre zur Garnisonkirche nicht belaste. Die Festlegung des Landesamtes ändere nichts am Ziel, an der Plantage eine Lösung zu finden, die den jahrelangen Konflikt beende. Die weitere Debatte zur Zukunft und dem Standort des Glockenspiels sei ursprünglich bis zum Herbst ausgesetzt worden. Dann sollen Ergebnisse einer zweiten Phase des Werkstattverfahrens zur Zukunft des Gesamtareals mit Garnisonkirche, Rechenzentrum und Plantage vorliegen. Mit dem Land müsse nun geklärt werden, ob künftige Veränderungen am Erscheinungsbild erlaubnispflichtig seien, so Rathaussprecher Jan Bunzlow.

Der Linken-Fraktionsvorsitzende Stefan Wollenberg habe die Entscheidung „überraschend und im Moment auch nur schwer nachvollziehbar“ genannt. Die Vorfestlegung mit einer „sehr eindeutigen politischen Intention“ sei ein erhebliches Hindernis in der gerade laufenden Diskussion um die weitere Entwicklung des Gesamtareals. Die Grünen lehnten das Carillon „am Standort Plantage oder im näheren Umfeld entschieden ab“, so ihr Fraktionschef Gert Zöller. Kritik an der Entscheidung gebe es auch von SPD, Zustimmung dagegen von CDU und AfD.

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