Verband kritisiert Mietendeckel als untaugliches Instrument in der Berliner Wohnungspolitik
Vom Mietendeckel profitieren die Falschen: Das ist das Ergebnis einer Erhebung des BFW Landesverbands Berlin/Brandenburg e.V. unter seinen Mitgliedsunternehmen und Bestandshaltern. Demnach profitieren von der zweiten Stufe des Mietendeckels vor allem gutverdienende Haushalte in bevorzugten Wohnlagen in Charlottenburg, Wilmersdorf, Kreuzberg, Prenzlauer Berg, Friedrichshain, Wannsee und Zehlendorf, die auf Grund ihres hohen Haushaltsnettoeinkommens auf eine Reduzierung ihrer Miete finanziell nicht angewiesen sind. Dagegen würden Geringverdiener kaum durch das Mietendeckelgesetz entlastet, so die Analyse des BFW. Das „Versprechen des Senats kommt nicht bei denjenigen an, die Mietabsenkungen am meisten benötigen“, heißt es in einer Mitteilung des BFW.
Nach der Analyse durch den BFW mussten von den Vermietern die Mieten überproportional gerade in den Stadtteilen abgesenkt werden, die in Berlin als sehr gute oder gute Wohnlagen gelten und begehrt sind. Hierzu zählen große Bereiche der City West vor allem in Kudamm-Nähe, Teile von Kreuzberg, Prenzlauer Berg, Friedrichshain sowie das südwestliche Berlin, insbesondere Zehlendorf und Wannsee. Abgesenkt werden mussten die Mieten vor allem in Gebäuden, die vor 1918 errichtet wurden und nach umfassenden Modernisierungen über eine moderne Ausstattung mit Parkett, hochwertigen Einbauküchen, modernen Bädern, Fußbodenheizung und Balkon oder Terrasse verfügen. Die Spanne der Mietnachlässe reicht von 11 bis nahezu 50 Prozent.
Auch für Wohnungen mit Bauzeiten in den 1980er- und 1990er-Jahren und gehobener Ausstattung hätten in diesen Wohnlagen umfassende Mietabsenkungen vorgenommen werden müssen, obwohl die Mieter darauf nicht angewiesen sind. Begünstigt würden laut BFW von der zweiten Stufe des Mietendeckels häufig kinderlose Doppelverdiener-Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von teilweise mehr als 8.000 Euro.
Der Mietendeckel sei ein untaugliches Instrument in der Berliner Mietenpolitik, schlussfolgert der BFW. Er beseitige zudem die Ursachen der Entwicklung nicht, da es weiterhin zu wenig Wohnungsneubau für alle Einkommensgruppen gebe.
Mieterinnen und Mieter mit geringen oder durchschnittlichen Einkommen, die teils mehr als 30 Prozent ihres Verdienstes für die Miete aufbringen müssen, würden durch die Regelungen im Mietendeckelgesetz und die festgesetzten Mietobergrenzen eher wenig entlastet, ist ein weiteres Ergebnis der Erhebung durch den BFW im Dezember und Januar. Gerade in Neubauten, die nach 1990 errichtet wurden, seien trotz hoher Einstiegsmieten kaum Mietabsenkungen zu verzeichnen.
Die im November in Kraft getretene zweite Stufe des Mietendeckels habe auf Eigentümer und Wohnungsverwaltungen große Auswirkungen gehabt. Rund 94 Prozent der Mitgliedsunternehmen hatten bei einer Umfrage des BFW Landesverbandes angegeben, dass sich der Verwaltungsaufwand dadurch erhöht hat. Für knapp ein Drittel ihrer Wohnungsbestände hätten die Mitgliedsunternehmen des BFW die Mieten nach dem Mietendeckel absenken müssen – um durchschnittlich rund 1,40 Euro pro Quadratmeter.
Das habe Konsequenzen auch für die Gebäudesubstanz: Rund drei Viertel der Unternehmen hätten bereits auf Grund geringerer Mieteinnahmen Sanierungen und Modernisierungen stoppen oder zurückstellen müssen. Zugleich bestätigten 94 Prozent der Unternehmen dem Verband, die Mietabsenkung flächendeckend umgesetzt zu haben. Sechs Prozent wollten laut der Analyse gegenüber dem Senat einen Härtefall geltend machen. Im Falle der Verfassungswidrigkeit des Mietendeckels wollen aber alle Wohnungsunternehmen die Differenz zwischen der gedeckelten Miete und der im Mietvertrag nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches vereinbarten Miete zurückfordern. Dies sei den Mieterinnen und Mietern auch mitgeteilt worden.
Das Bundesverfassungsgericht wird voraussichtlich noch im ersten Halbjahr 2021 darüber entscheiden, ob das Berliner Gesetz dem Grundgesetz entspricht. Der BFW vertritt die Rechtsauffassung, dass der Mietendeckel verfassungswidrig ist, allein schon deshalb, weil das Land Berlin keine Gesetzgebungskompetenz habe.
Der BFW Landesverband Berlin/Brandenburg e.V.
Der BFW Berlin/Brandenburg wirkt als Interessenverband in der Region mit der Stimme der privaten Immobilienunternehmen. Er steht laut Selbstbeschreibung „für Innovation und Zukunftsthemen und bietet den Entscheidern der Branche als starker Interessenverband einen dauerhaften Innovationsvorsprung“. Die BFW-Mitgliedsunternehmen schaffen rund 50 % des Wohnungsneubauvolumens und seien damit die Hauptantriebskraft für die Stadtentwicklung in Berlin. 14 der 20 leistungsfähigsten Projektentwickler und Bauträger der Hauptstadtregion sind Mitglied im BFW.
Quelle: BFW e. V.