Bauministerkonferenz widmet sich Klimazielen und sozialer Wohnraumförderung

Wohnungswirtschaft begrüßt Ergebnisse des Treffens

Die Bauminister*innen der Länder und des Bundes kamen am 18. und 19. November zur 138. Bauministerkonferenz zusammen. Aufgrund der aktuellen Entwicklung der Corona-Pandemie fand die Konferenz virtuell statt. Unter anderem wurden Beschlüsse zur Verwaltungsvereinbarung der sozialen Wohnraumförderung, zur Umsetzung der Klimaziele der EU und des Bundes, zur Änderung der Musterbauordnung und zur Wärmewende im Gebäudebestand gefasst. Zudem wurde der Bericht „Perspektiven für die Entwicklung der Innenstädte“ an den Bund übergeben.

Verwaltungsvereinbarung der sozialen Wohnraumförderung

Die Bauministerkonferenz ist sich einig, dass es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die Klimaziele zu erreichen. Der Baubereich ist in Deutschland ein großer Treibhaus-Emittent. Ziel ist es daher, die Treibhausgase im Bereich des sozialen Wohnungsbaus signifikant zu senken. Im Rahmen des Klimaschutz-Sofortprogramms der Bundesregierung wird für das Programmjahr 2022 zusätzlich eine Milliarde Euro für den klimagerechten sozialen Wohnungsbau bereitgestellt. Die Vorsitzende der Bauministerkonferenz, Thüringens Infrastrukturministerin Susanna Karawanskij sagte hierzu: „Es bleibt eine wichtige Aufgabe, bezahlbaren Wohnraum in Deutschland zu schaffen. Wir begrüßen die Aufstockung der Bundesförderung für Klimaschutzmaßnahmen. Gemeinsam mit dem Bund verfolgen die Länder das Ziel, den Wohnungsbestand bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral zu betreiben. Wir sind jedoch besorgt, dass aufgrund der Kurzfristigkeit die Verwendung der Finanzmittel aus dem Klimabaustein nicht gänzlich gelingen könnte. Vor diesem Hintergrund bedauern wir es, dass der Bund und die Länder sich bisher nicht annähern konnten. Wir hoffen aber, dass die Verhandlungen zur Verwaltungsvereinbarung 2022 konstruktiv fortgesetzt und noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.“

Umsetzung der Klimaziele der EU und des Bundes

Die Umsetzung der Klimaziele wurde im Rahmen der Berichterstattung einer Arbeitsgruppe „Umsetzung der Klimaziele der EU und des Bundes“ umfassend dargestellt. Die Forderungen werden an die EU und den Bund gerichtet. Sie greifen unterschiedliche Schlussfolgerungen z. B. für die effiziente Sanierung und Modernisierung öffentlicher Nicht-Wohngebäude, die unmittelbare Umsetzung der Renovierungswelle oder auch gebäudeintegrierte und netzgebundene Lösungen auf. Die Bauministerkonferenz unterstützt die Schlussfolgerungen, insbesondere im Hinblick auf die gleichgewichtige Abwägung ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte sowie die entsprechende Mittelausstattung der Förderprogramme und die Weiterentwicklung von Fördergegenständen der Städtebauförderung. Diese Anliegen sind auf EU- und Bundesebene aufzugreifen und umzusetzen. Effektiver Klimaschutz darf nicht an mangelnder Sozialverträglichkeit scheitern.

Änderung der Musterbauordnung – Umsetzung der MPK/BMK-Beschlüsse

Die Ministerpräsidentenkonferenz hatte im vergangenen Jahr verschiedene Verfahrens- und inhaltliche Erleichterungen im Bauordnungsrecht angemahnt. Ziel sollte unter anderem die Erleichterung des Wohnungsbaus sein z. B. beim Dachgeschossausbau oder bei Aufstockungen. Vor diesem Hintergrund wurde in der Bauministerkonferenz die Änderung der Musterbauordnung beschlossen. Wesentliche Änderungen ergeben sich bei der Erleichterung der Aufzugspflicht, dem barrierefreien Bauen sowie der Nachbar- und Öffentlichkeitsbeteiligung.

Wärmewende im Gebäudebestand

Fast ein Sechstel der deutschen Treibhausgasemissionen sind auf die Wohnnutzung zurückzuführen. Um das Ziel der Reduktion der Treibhausgasemissionen um 65 % gegenüber 1990 verbunden mit der Zielstellung der Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen, muss die Wärmewende insbesondere im Gebäudebestand sozial austariert umgesetzt werden, damit alle Bürgerinnen und Bürger zukünftig einen adäquaten Wohnstandard haben und auf eine gesicherte Energieversorgung setzen können ohne weitere Treibhausgasemissionen zu verursachen. Die Bauministerkonferenz sprach sich dafür aus, die einseitige Ausrichtung an der Gebäudedämmung aufzugeben. Zusätzlich muss das Gebäudeenergiegesetz (GEG) grundsätzlich überarbeitet werden, mit dem Ziel, die Treibhausgasemissionen als zentrale Steuerungs- und Zielgröße zu etablieren. Hamburgs Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Dr. Dorothee Stapelfeldt: „Beim Thema Wohnen müssen Bund, Länder und Gemeinden ihrer sozialen Verantwortung und dem Ziel der Treibhausgasneutralität gleichermaßen gerecht werden. Dazu hat die Bauministerkonferenz heute einstimmig wichtige Appelle an die Bundesregierung beschlossen: Das Gebäudeenergiegesetz soll künftig direkt die

verursachten Emissionen und ganze Quartiere in den Blick nehmen. Die Treibhausgasemissionen sollen als zentrale Steuerungs- und Zielgröße etabliert werden. Das schafft Technologieoffenheit und gibt denjenigen Maßnahmen zur CO2- Reduktion Rückenwind, die effektiv und kostensparend zur Klimaneutralität beitragen. So ermöglichen wir eine Wärmewende im Gebäudebestand, die Eigentümer und Mieter finanziell nicht überfordert. Für genau dieses Ziel brauchen wir gleichzeitig auch eine verlässliche Bundesförderung in ausreichender Höhe. Realistische und langfristig geltende Förderstandards müssen dabei Planungssicherheit für alle Akteure gewährleisten.“

Vorkaufsrecht auf Basis der Sozialen Erhaltungssatzung

Das Bundesverwaltungsgericht hat am 9. November 2021 über die Rechtmäßigkeit einer Berliner Vorkaufsrechtsausübung entschieden und in diesem Zuge der bisherigen juristisch anerkannten Praxis der Ausübung von Vorkaufsrechten in Gebieten mit sozialer Erhaltungssatzung die Grundlage entzogen. Unter dem Vorbehalt, dass die schriftlichen Gründe der Entscheidung noch nicht vorliegen, bedeutet die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, dass bei Aufwertungsabsichten des/der Käufers/Käuferin durch mietenwirksame bauliche Maßnahmen und/oder Umwandlung von Mietwohnraum in Wohneigentum zur Renditeerzielung, das Vorkaufsrecht auf Basis von sozialen Erhaltungssatzungen zum Schutze der von Verdrängung gefährdeten Wohnbevölkerung nicht greift. Hamburgs Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Dr. Dorothee Stapelfeldt: „Kommunale Vorkaufsrechte in Gebieten mit Sozialer Erhaltungsverordnung helfen in Städten mit angespannten Wohnungsmärkten dabei, Mieterinnen und Mieter vor Verdrängung aus ihren angestammten Quartieren zu schützen. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts steht dieses Instrument in Frage. Deshalb muss nun schnellstmöglich eine Klarstellung im Baugesetzbuch vorgenommen werden. Darüber besteht große Einigkeit unter den Ländern. Ziel muss es sein, dass Gemeinden ihre Vorkaufsrechte rechtssicher anwenden und so die Maßgaben der Sozialen Erhaltungsverordnungen durchsetzen können.“

Streichung des KfW-Programms 55 (KfW-Programm Effizienzhaus 55)

Die Bauministerkonferenz beschäftigte sich des Weiteren mit der von Seiten der Bundesregierung angekündigten Einstellung der Förderung des Effizienzstandards 55 im Gebäudebereich ab Februar 2022. Dazu sagt Ministerin Ina Scharrenbach aus Nordrhein-Westfalen: „Die Bauministerinnen und Bauminister sind sich einig: Die Bauministerkonferenz bittet die Bundesregierung dringend, von ihrem Vorhaben, die KfW55-Förderung ab Februar 2022 einzustellen, abzusehen. Wenn die Bundesregierung bei ihrer Ankündigung bleibt, entstehen kaum zu schließende Finanzierungslücken im Bau. Dies wird in direkter Folge zu Mieterhöhungen führen und konterkariert alle Anstrengungen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.“

Bericht „Perspektiven für die Entwicklung der Innenstädte“ an Bund übergeben

Im Rahmen der Bauministerkonferenz wurde zudem der „Perspektiven für die Entwicklung der Innenstädte“ übergeben. Der Bericht entstand aufgrund eines Beschlusses der vorjährigen BMK in Weimar. Mit ihm werden Handlungsempfehlungen für eine künftige, nachhaltige Stadtentwicklung eruiert, die sich an unterschiedliche Zielgruppen (Bund, Länder, Kommunen und private Akteur*innen) richten. Unter anderem geht es dabei auch um die Schlussfolgerungen aus der Corona-Pandemie. Anne Katrin Bohle, Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, erklärte: „Wir haben in dieser Legislaturperiode gemeinsam viel erreicht und auch in Krisenzeiten bewiesen: Bund und Länder sind starke Partner. Nach der Hochwasserkatastrophe haben wir innerhalb kürzester Zeit den Wiederaufbau organisiert und finanziert. Und während die Corona-Pandemie die Probleme in unseren Innenstädten verschärfte, haben wir schnell reagiert. Außerdem fördert der Bund hier nun mit dem neuen Programm ‚Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren‘ zukunftsweisende Ideen für die Entwicklung der Innenstädte. Auch die Städtebauförderung haben wir überarbeitet und weiterentwickelt. All das sind Meilensteine der Wohnungspolitik, auf denen Bund und Länder in den nächsten Jahren aufbauen können.“

Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW begrüßt die Ergebnisse der Konferenz. „Die Bauministerkonferenz hat viele wichtige Themen, auf die die Wohnungswirtschaft in der Vergangenheit immer wieder hingewiesen hat, aufgegriffen und voran gebrach“, sagt GdW-Präsident Axel Gedaschko. Besonders unterstütze der Verband das Anliegen der Bauministerkonferenz zur gleichgewichtigen Abwägung ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte. „Klimaschutz funktioniert, wenn Wohnungsunternehmen ihre Leistungs- und Investitionsfähigkeit behalten und die Mieten entlang der Klimaschutzpläne der Wohnungsunternehmen bezahlbar bleiben“, so Gedaschko.

Klimaschutz müsse auch im Bereich der Städtebauförderung und der zwischen Bund und Ländern zu vereinbarenden Verwaltungsvereinbarung über die Verteilung der Mittel eine zentrale Rolle spielen. „Deshalb unterstützen wir die Forderung der Bauministerkonferenz, sich hier schnell zu einigen, damit die zusätzlichen Finanzmittel in voller Höhe für die klimagerechte Modernisierung im sozialen Wohnungsbau schnell bereitstehen. Für den Neubau muss die EH55 Förderung die Bezahlbarkeit weiter gewährleisten. Es kann nicht sein, dass die zusätzliche Milliarde für den sozialen Wohnungsbau dann für den Ausgleich einer wegfallenden Bundesförderung verwendet wird“, sagt Gedaschko.

Die einseitige Ausrichtung an der Gebäudedämmung sei gerade in der aktuellen politischen Diskussion dabei, zum Hemmnis für den Klimaschutz zu werden.  „Es ist daher nur richtig, dass die Bauministerkonferenz den Finger in diese Wunde legt. Eine aktuelle Studie im Auftrag von GdW und VDPM zeigt klar, dass „Efficiency First“ nicht „Efficiency um jeden Preis“ bedeuten darf. Die Treibhausgasemissionen müssen zur zentralen Steuerungs- und Zielgröße werden, denn Klimaneutralität heißt vollständig erneuerbare Energieversorgung. Effizienz und Energieeinsparung sind Hilfestellung für die klimaneutrale Wärmeversorgung, nicht Selbstzweck“, sagt Gedaschko.

In der Zielsetzung, dass Gemeinden ihre Vorkaufsrechte rechtssicher anwenden und so die Maßgaben der Sozialen Erhaltungsverordnungen durchsetzen können, stimmt die Wohnungswirtschaft der Bauministerkonferenz zu. „Mit dem in der vergangenen Legislaturperiode beschlossenen Baulandmobilisierungsgesetz wurde das kommunale Vorkaufsrecht nur unzureichend verändert. Die Ausübung kommunaler Vorkaufsrechte mit dem Ziel einer Erhaltung von Wohnraum für einkommensschwächere Haushalten und dem Schutz vor Verdrängung muss rechtssicher und praktikabel für alle Beteiligten ausgestaltet werden.  Dem Urteil folgend darf Maßstab aber nicht die reine Annahme sein, wie ein Käufer mit der Liegenschaft in Zukunft umgehen wird, sie muss sich auf nachvollziehbare und plausible Tatsachen stützen“, sagt Axel Gedaschko.

Die Wohnungswirtschaft begrüße zudem bei den Änderungen der Musterbauordnung die neuen Regelungen zum Thema Aufzüge, die sehr positive Effekte für die Aufstockung von bestehenden Gebäuden mit sich bringen. „Auch beim Thema Beteiligung der Nachbarn und der Öffentlichkeit sehen wir für einige Fälle die Präklusion in der neuen Formulierung klarer geregelt. Wir bedanken uns für die guten Entscheidungen zur Weiterentwicklung der Musterbauordnung und bitten darum, darauf zu achten, dass diese nicht für diverse, andere als dem ursprünglichen Zweck der Bauordnung dienende Regelungen, genutzt wird“, sagt Gedaschko.

Quelle: Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, GdW