Studie: Staat kommt mit sozialem Wohnungsbau nicht hinterher

Laut einer Studie gerade vorgelegten Studie des Pestel-Instituts und der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (Arge) müssten bis 2030 pro Jahr mindestens 210.000 Sozialwohnungen neu geschaffen werden, um die riesige Lücke beim Bau zu schließen – vor allem per Neubau. Hinzu kämen der Ankauf und die Verlängerung von Belegungsrechten für einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen. „Nur so kann es gelingen, in fünf Jahren die Zielmarke von zwei Millionen Sozialwohnungen zu erreichen“, sagte Matthias Günther, Chefökonom des Pestel-Instituts. „Doch selbst dann wäre nur die gröbste Not gelindert.“ Insgesamt fehlten zu Beginn dieses Jahres 550.000 Wohnungen bundesweit.
Die Studie „Das Bauen und Wohnen in Deutschland sozial neu justieren“ wurde zur Bundestagswahl vom Verbändebündnis „Soziales Wohnen“ in Auftrag gegeben. Zum Zusammenschluss gehören unter anderem der GdW, der Deutsche Mieterbund, die IG Bauen-Agrar-Umwelt und die Caritas.
Seit Mitte der Neunzigerjahre sinke die Zahl der Sozialwohnungen kontinuierlich. Sie liege nur noch knapp oberhalb der Marke von einer Million, vor 19 Jahren seien es doppelt so viel gewesen. Darin stecke sozialer Sprengstoff, sagte Günther. Würde der Staat alle Menschen, die einen Anspruch auf eine Sozialwohnung hätten, tatsächlich versorgen, dann wären bundesweit sogar rund 5,6 Millionen Sozialwohnungen notwendig.
Arge-Chef Dietmar Walberg kritisierte, 2023 seien nur gut 23.000 Sozialwohnungen gefördert worden. „Das Paradoxe ist: Der Bund hat sogar mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau gegeben als zuvor. Trotzdem kamen am Ende weniger Sozialwohnungen heraus.“ Denn es werde zu teuer gebaut, so entstünden „Premium-Sozialwohnungen“, die sich viele auch nicht leisten könnten.
Der Bestand an Sozialwohnungen ist laut Untersuchung in Brandenburg zwischen 2017 von 41.033 auf 18.359 zurückgegangen. Angemessen sei laut Autoren aber eine Zahl von 33.300 Sozialwohnungen im Jahr 2030.
Große Teile der Gesellschaft betroffen
„Um die staatlichen Subventionen sinnvoll einzusetzen, muss sofort alles getan werden, um die Baukosten endlich wieder in den Griff zu bekommen“, kommentierte der GdW-Präsident Axel Gedaschko die Ergebnisse. „Mehr Geld und weniger Wohnungen kann nicht die Antwort auf den Mangel sein. Die nächste Regierung muss deshalb zusammen mit den Ländern einen echten Boost für den sozialen Wohnungsbau schaffen: Baukosten runter, vergünstigte Grundstücke und die Förderbedingungen für den sozialen Wohnungsbau so anpassen, dass mehr Neubau möglich ist. Dafür müssen niedrigere Bau-Standards für die Förderung festgelegt werden. Zum anderen müssen die Länder sich viel stärker für den Kauf von Belegungsbindungen für sozial gebundenen Wohnraum engagieren.“
Doch insgesamt sei die Gesamtzahl neu genehmigter Wohnungen seit Anfang 2022 stark rückläufig. Nicht nur Haushalte mit niedrigen Einkommen, sondern große Teile der Gesellschaft seien mit dem Problem konfrontiert. „Wir fordern deshalb schon lange eine dritte Fördersäule für bezahlbaren Wohnraum“, so Gedaschko. „Wenn Wohnungsbau für die Mitte der Gesellschaft wieder bezahlbar werden soll, brauchen wir ein viel breiter angelegtes Programm mit einer Zinssenkung auf 1 Prozent. In Kombination mit dem seriellen und modularen Wohnungsbau und den Kostenvorteilen aus der entsprechenden GdW-Rahmenvereinbarung wären dann wieder bezahlbare Mieten von 9 bis 12 Euro pro Quadratmeter möglich.“ Zudem sei eine beschleunigte Planung und Genehmigung unerlässlich. „Und: Der Neubau von Wohnungen muss als vorrangiges öffentliches Interesse anerkannt werden.“
Die Studie „Das Bauen und Wohnen in Deutschland sozial neu justieren“ können Sie hier einsehen und herunterladen.