Die Genossenschaften und der Mietspiegel

Anfang September hatte Potsdam den überarbeiteten Mietspiegel veröffentlicht. Auch die Wohnungsgenossenschaften saßen während der Erarbeitung mit am Tisch. Die kleineren Genossenschaften wurden durch den Vorstand des Babelsberger Bauvereins Uwe Marz vertreten.

Im Interview mit dem KM-Magazin der WG „Karl Marx“ sprach er über das aktuelle Papier und die Rolle des Mietspiegels für die Genossenschaften.

Was unterscheidet den aktuellen Mietspiegel von dem davor?
Beim jetzt veröffentlichten Mietspiegel handelt es sich um eine Fortschreibung des Mietspiegels 2014 mit aktualisierten Zahlen aus den letzten zwei Jahren. Sie basieren auf den Mietdaten von knapp 25 000 Wohnungen der Stadt, in denen es in diesem Zeitraum eine Mietveränderung gab (z.B. Wohnungswechsel, Mieterhöhung). Daraus ergibt sich in fast allen Mietspiegelfeldern eine Steigerung der Nettokaltmieten. Ausnahmen, bei denen die Nettokaltmieten auf dem alten Niveau verharrten, bildeten nur Wohnungen mit geringem Ausstattungsniveau. Aber davon gibt es immer weniger.

Wer erarbeitet jeweils den vorliegenden Mietspiegel?
Dafür gibt es den Arbeitskreis Mietspiegel der Landeshauptstadt, in dem unter der Federführung des Bereiches Wohnen Vertreter der Stadt, zwei Vertreter der Genossenschaften, die ProPotsdam, zwei private Vermietervertreter und zwei Vertreter der Mieterverbände verhandeln. Ich etwa vertrat die kleinen Genossenschaften, Wolfram Gay von der PWG 1956 die großen Genossenschaften in Potsdam.

Welche Rolle spielen die Genossenschaften bei der Erarbeitung des Mietspiegels?
Einerseits sind wir als Genossenschaften ein Vermieter neben anderen, andererseits ist jede fünfte Wohnung in Potsdam eine in einer Genossenschaft. Insofern haben wir schon ein besonderes Gewicht in Potsdam. Die Genossenschaften, das erklärt sich aus unseren Satzungen, vertreten im Rahmen des Mietspiegels einen sehr zurückhaltenden Kurs mit Blick auf die unvermeidbaren Mietsteigerungen.

Sahen die Genossenschaften einen besonderen Veränderungsbedarf?
Da wir nicht an den Obergrenzen des Mietspiegels agieren, war der Veränderungsbedarf auf Seiten der Genossenschaften nicht groß. Ich könnte jetzt keinen Punkt nennen, der auf unsere Initiative hin geändert werden musste.

Wie muss man sich das Gesprächsklima im Arbeitskreis Mietspiegel vorstellen?
Das sind sehr sachliche Gespräche, bei denen jeder seine Interessen, die zum Teil sehr unterschiedlich sind, zu vertreten hat. Ein solcher Unterschied etwa zu den privaten Vermietern ist die Einbeziehung der Lage einer Wohnung, auf die die privaten Vermieter größeren Wert legen als etwa die Genossenschaften. Wir bewerten die Unterschiede auf unserem eher kleinflächigen Stadtgebiet als nicht besonders gravierend, die statistisch erhobenen Zahlen belegen das auch, während die Privaten an dieser Stelle gern auf die Situation in Berlin verweisen. Würden wir solchen Einstufungen zustimmen, würde das nach unserer Einschätzung zur Abstufung bestimmter Wohngegenden führen. Das aber liegt nicht in unserem Interesse.

Inwieweit können sich die Genossenschaften von der allgemeinen Mietentwicklung abkoppeln?
Das können wir natürlich nicht, auch bei den Genossenschaften gibt es Mieterhöhungen. Wir sind von Preisentwicklungen bei Dienstleistungen, die wir nutzen, oder den Baupreisen genauso abhängig wie andere Vermieter auch. Aber bei der Nutzung der Spielräume gibt es von Genossenschaft zu Genossenschaft Unterschiede.

Wie nutzen die Genossenschaften diese Spielräume?
Bei uns im Bauverein etwa dadurch, dass wir bei einem Bewohnerwechsel nicht zwangsläufig jeweils die Chance zur Erhöhung der Miete nutzen. Unsere Erhöhungen sind im Wesentlichen durch die Umlage von Modernisierungskosten begründet, die natürlich auch durch eine Genossenschaft erwirtschaftet werden müssen, deren einzige Einnahmequelle nun mal die Miete darstellt. Wir haben auch schon Mieterhöhungen bis zur örtlichen Vergleichsmiete durchgeführt, schöpfen aber die zulässigen Höchstwerte nicht aus, sondern kappen die Erhöhung bei Notwendigkeit.

Spielt der Mietspiegel im Tagesgeschäft einer Genossenschaft keine Rolle?
Er ist eine Orientierungshilfe, wenn im konkreten Fall eine Mieterhöhung zur Diskussion steht. Allerdings gibt es bei den Kriterien wie Wohnungsgröße, Baualter, Sanierungsstandard jeweils Preisspannen, bei denen wir uns nicht an den Obergrenzen, sondern am Mittelwert orientieren. Das machen die meisten anderen Genossenschaften auch so oder so ähnlich.

Quelle: KM-Magazin, 5/2016, Seite 3