Die Geburtsstunde der Potsdamer Genossenschaftsbewegung

Am 17. Februar 1894 wurde die heutige WBG Daheim amtlich registriert

Der 17. Februar 1894 gilt als Geburtsstunde der Potsdamer Genossenschaftsbewegung. Die heutige WBG Daheim wurde an diesem Tag als „Bau- und Spar-Verein für Eisenbahnbedienstete zu Potsdam und Umgegend“ in amtlich registriert. Ganze 17 Personen waren es, die den Verein gegründet hatten und als „Eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht“ anmeldeten.

Der Bau- und Spar-Verein für Eisenbahnbedienstete war die erste Genossenschaft, die in Potsdam gegründet wurde. Wer Mitglied werden wollte, hatte 10 Reichsmark für den Eintritt zu zahlen und mindestens einen Geschäftsanteil für 50 Reichsmark zu erwerben. Daneben konnte jedes Mitglied ein Sparguthaben anlegen, auf das man in unbegrenzter Höhe einzahlen konnte. Das Geld wurde für den wirtschaftlichen Betrieb der Genossenschaft verwandt, vor allem zur Finanzierung des Baus von Wohnungen. Es wurde aber auch gut verzinst.

In einer späteren Publikation heißt es über die Gründung: „Veranlasst durch den Erlaß Sr. Exzellenz des Herrn Staatsministers von Thielen im Jahre 1889 wurde die Gründung einer Baugenossenschaft nach längerer Zeit von einem kleinen Teil unserer Eisenbahnbediensteten beschlossen.“ Die Formulierung lässt auf längere Diskussionen in einem größeren Personenkreis schließen, von denen sich dann eine kleinere Gruppe abgesetzt hat, um zur Tat zu schreiten: „Es wurden Verhandlungen mit der Königl. Eisenbahn-Direktion, um Überlassung des Baugeländes am kleinen Exerzierplatz in Größe von annähernd 2000 qm gepflogen.“ Letztlich wurde ein Kaufvertrag „durch Verfügung Sr. Majestät des Kaisers für den billigen Preis von 0,20 M pro qm“ abgeschlossen.

Giebelseite eines Gebäudes der WBG Daheim in der Kolonie Daheim.

Die Gründung einer Siedlung war durchaus im Interesse der königlichen Bahn, um im Havariefall schnell über Fachkräfte verfügen zu können. In den nahe gelegenen Eisenbahnwerkstätten (das spätere RAW) stand rund um die Uhr ein Hilfszug bereit, der im Falle eines Unfalls auf den Strecken zum Ort des Geschehens eilen sollte. Ausgestattet mit dem notwendigen Gerät und unentbehrlichen Spezialwerkzeugen sollten die Bahnarbeiter und Handwerker des Hilfszuges für Ordnung sorgen und die Strecke wieder frei machen. Aber obwohl der Zug ständig unter Dampf stand, dauerte es mitunter Stunden, ehe er ausrücken konnte: Erst wenn alle Spezialisten an ihrem Platz waren, konnte der Hilfszug zum Einsatz kommen. Ereignete sich der Unfall in der Nacht, verging kostbare Zeit, wenn jene, die man dringend brauchte, zu Hause waren. Boten wurden ausgesandt, um die Betreffenden zu informieren und ehe diese den Weg zu den Werkstätten zurückgelegt hatten, war die Zeit schon weit fortgeschritten. Der Havariezug könnte sich schneller in Bewegung setzen, wenn die Eisenbahner in der Nähe der Werkstätten wohnen würden.

Später sollte die Mehrzahl der Besatzung des Hilfszuges tatsächlich in der Siedlung Daheim wohnen: Zwei Sirenen, die eine auf dem Haus Nummer 16, die andere auf einem Gerüst in Höhe des Hauses 33, alarmierten sie im Notfall.

Heute ist die WBG Daheim die kleinste der Potsdamer Genossenschaften. Sie zählt 182 Wohnungen, die sich alle in der Straße Kolonie Daheim 1-37 befinden. Die Gebäudesubstanz steht unter Denkmalschutz und wird schrittweise, unter Beachtung historischer Vorlagen, saniert. Der überwiegende Teil der Wohnungen ist zusätzlich mit einem schönen Hausgarten ausgestattet.

Quelle: WBG Daheim eG: Die Chronik der Kolonie Daheim 1894 bis 2014, Potsdam, 2014.