Städte-Boom und Baustau

Statistische Ämter legen Zahlen rund um die Entwicklungen auf dem deutschen Wohnungsmarkt von 2008 bis 2018 vor

Seit 2008 werden in Deutschland wesentlich mehr Wohnungen genehmigt als fertiggestellt. Das geht aus den Zahlen zur Entwicklung am Wohnungsmarkt hervor, die das Statistische Bundesamt und das Landesamt für Statistik am Donnerstag vorgestellt haben.

Laut des Berichts hat sich der Bauüberhang, der jährlich erfasst wird, zwischen 2008 und 2018 bundesweit weit mehr als verdoppelt: von rund 320.000 auf 693.000 genehmigte, aber nicht fertiggestellte Wohnungen. Vergleiche man diesen Überhang in den neuen und alten Bundesländern, zeige sich, dass sich der „Baustau“ in Ostdeutschland (Berlin eingeschlossen) sogar verdreifacht hat. So gab es in Berlin im vergangenen Jahr 64.000 genehmigte, aber nicht fertiggestellte Wohnungen. Höher sei diese Zahl nur in den größten deutschen Flächenländern Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg.

In den Städten wird es enger: Der Mangel an Wohnraum führe dazu, dass Menschen in den sieben größten Städten Deutschlands – das sind Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf – näher zusammenrücken. Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person habe hier nach Ergebnissen des Mikrozensus zwischen 2010 und 2018 um 1,7 auf 39,2 Quadratmeter abgenommen. Der knapper werdende Wohnraum werde zunehmend geteilt: Lebte 2010 in diesen Metropolen noch in mehr als jeder zweiten Wohnung (51 Prozent) eine Person, war dies acht Jahre später nur noch bei 45 Prozent der Wohnungen der Fall. Der Anteil der von zwei Personen bewohnten Wohnungen stieg in dieser Zeit von 30 auf 32 Prozent und der von drei und mehr Personen bewohnten Wohnungen von 19 Prozent auf 22 Prozent. Als mögliche Folge daraus gewinnen in den sieben größten Städten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern mit zehn und mehr Wohnungen an Bedeutung.  Die Verknappung des Wohnraums bleibe laut der Forscher ein Phänomen der Städte: Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person in Deutschland blieb zwischen 2010 und 2018 bundesweit konstant bei etwas mehr als 45 Quadratmetern.

Die derzeit herrschende Unterversorgung an Wohnraum etwa in der Hauptstadt löse einen Druck auf den Wohnungsmarkt aus. Dieser sei als erstes an den Mietkosten für die Wohnungen sichtbar, so die Statistiker. Haushalte, die von 2005 bis 2014 eingezogen waren, zahlten demnach im Jahr 2018 eine Nettokaltmiete von 7,26 EUR je Quadratmeter, Haushalte, die seit 2015 in ihrer Mietwohnung wohnen, zahlten 9,16 EUR je Quadratmeter. Dies sei ein Unterschied von 1,90 EUR je Quadratmeter und bedeute, dass ab 2015 eingezogene Neumieterhaushalte in 2018 durchschnittlich 26,1 Prozent mehr für die Nettokaltmiete ausgaben, als Haushalte, die in der vorhergehenden Dekade in ihre Wohnung eingezogen waren.

Zwar trügen Immobilienunternehmen, Politik und Bauverwaltungen dem gestiegenen Bedarf an Wohnraum Rechnung: So hätte sich die Zahl der jährlich erteilten Baugenehmigungen seit 2009 von etwa 178.000 auf fast 347.000 im Jahr 2018 nahezu verdoppelt. Inzwischen sei die Zahl seit dem Höchststand mit 375.000 im Jahr 2015 leicht rückläufig. Für den bestehenden Wohnungsmangel gebe es jedoch eine andere Ursache: Den bereits oben erwähnten Bauüberhang. Der Auftragsbestand, der die eingegangenen, aber noch nicht vollständig abgearbeiteten Aufträge zusammenfasst, erreichte 2018 den höchsten Stand seit 1997. Demnach warten aktuell Aufträge im Wert von rund 9,1 Milliarden auf ihre Ausführung.

Einer der Gründe dafür sei der Personalmangel im Baugewerbe. Die Zahl der im Wohnungsbau Beschäftigten steige langsamer als die der Aufträge. Zum Vergleich: Während der Rekordstand in den späten 1990er-Jahren bei mehr als 700.000 tätigen Menschen lag, waren es Ende 2018 in den Betrieben des Bauhauptgewerbes 467.000.

Die Umsätze von Baubetrieben mit 20 und mehr Beschäftigten hätten sich seit 2008 auf 20,3 Milliarden Euro im Jahr mehr als verdoppelt. Im gleichen Zeitraum hätten sich laut des Bundesamts für Statistik die Preise von Leistungen von Bauunternehmen für den Neubau von Wohngebäuden um 24,3 Prozent erhöht, sowohl was den Roh- als auch den Ausbau betrifft. Auch Instandhaltungs- und reparaturarbeiten verteuerten sich bis 2018 im Vergleich zu 2008 um rund 26 Prozent. Zum Vergleich: Der Verbraucherpreisindex insgesamt stieg im selben Zeitraum um nur knapp 13 Prozent.

Die Pressemitteilung des Statistischen Bundesamts finden Sie hier.

Quelle: Statistisches Bundesamt