Genossenschaften klagen gegen Berliner Mietendeckel

Spiegel: Beschwerde wegen Benachteiligung beim Bundesverfassungsgericht eingereicht

Foto: Achim Scholty/Pixabay

Vier Wohnungsbaugenossenschaften, genauer gesagt die Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG, die Charlottenburger Baugenossenschaft eG, der Ersten Wohnungsgenossenschaft Berlin-Pankow eG und der Wohnungsgenossenschaft Marzahner Tor eG, haben eine Sammelbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Darüber berichtete der Spiegel in seiner Online-Ausgabe. Mehrere Beschwerden sind in Karlsruhe bereits anhängig.

Die Genossenschaften halten den Mietendeckel der Bundeshauptstadt für einen verfassungswidrigen Eingriff in die Grundrechte. „Mit diesem Gesetz hat das Land Berlin gemeinwohlorientierten Vermietern wie uns einen Bärendienst erwiesen“, wird Dirk Enzesberger, Vorstand der Charlottenburger Baugenossenschaft, zitiert. Enzesberger ist auch Sprecher der Wohnungsbaugenossenschaften Berlin, einem Zusammenschluss von 27 Unternehmen mit mehr als 95 000 Wohnungen und etwa 160 000 Mitgliedern.

„Mit Durchschnittsmieten von 5,66 Euro pro Quadratmeter ist Wohnen in Genossenschaften in Berlin am günstigsten“, so Enzesberger. „Der Mietendeckel hindert uns an der Erfüllung unseres Auftrags, ein nachhaltiges und sozial ausgewogenes Wohnungsangebot sicherzustellen.“ Das politische Ziel, erschwinglichen Wohnraum für jedermann zur Verfügung zu stellen, werde nicht infrage gestellt. „Aber ein Gesetz, das derart massiv in Grundrechte und bestehende Verträge eingreift, zugleich aber das Gegenteil der gesetzgeberischen Zielsetzung bewirkt, kann doch vor dem Grundgesetz keinen Bestand haben.“

Die 157 Seiten starke Beschwerdeschrift listet auf, welche Nachteile aus Sicht der Genossenschaft entstünden. Viele könnten sich den Wohnungswechsel nicht leisten. So seien die Unternehmen gezwungen, Renovierungskosten von teils 15 000 bis 20 000 Euro auf neue Mieter abzuwälzen. 4 000 geplante Genossenschaftswohnungen würden zudem als Folge des Mietendeckels nicht mehr gebaut werden. Auch Modernisierungen müssten zurückgefahren werden. All das entwerte den Anteil der Genossen am Genossenschaftsvermögen.

Enzesberger forderte in seiner Stellungnahme gegenüber dem Spiegel einen kompletten Verzicht auf das Mietendeckelgesetz, um die Wohnraumsituation für untere und mittlere Einkommensgruppen zu erleichtern. „Die durchschnittliche Mietbelastungsquote Berliner Haushalte ist heute geringer als in Jahren, in denen selbst nach Einschätzung des Berliner Senats der Wohnungsmarkt noch ausgeglichen war“, sagt Enzesberger.

Mit dem Gesetz wurden strenge Obergrenzen für Mieten in vor 2014 gebauten Häusern eingeführt. Die Mieten für rund 1,5 Millionen Wohnungen wurden bis 2025 auf dem Stand von Juni 2019 eingefroren. Sie dürfen erst ab 2022 um höchstens 1,3 Prozent jährlich steigen. Wird eine Wohnung wieder vermietet, muss sich der Vermieter an Obergrenzen und die zuletzt verlangte Miete halten. Seit dem 23. November müssen zudem überhöhte Mieten gesenkt werden. Derweil seien nach Bericht des Mediums die Mieten in Neubauten rasant gestiegen.

Die Genossenschaften rechnen mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im 2. Quartal 2021.

Die Verfassungsbeschwerde der vier Berliner Genossenschaften können Sie hier lesen und herunterladen.